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Wenn der Bus sich selbst ankündigt, kann das für einige Menschen hilfreich sein, aber auch nervig laut.

© Kai-Uwe Heinrich

Experiment der BVG: Außenansagen für blinde Fahrgäste

Die BVG testet Ansagen an Haltestellen, in Bussen und Straßenbahnen. Das Experiment kostet zwei Millionen Euro. Die BVG befürchtet Proteste von Anwohnern.

Jetzt sprechen sie auch noch – Busse, Straßenbahnen und Haltestellen der BVG. Am nächsten Montag startet das Unternehmen einen einjährigen Versuch mit Ansagen speziell für blinde oder sehbehinderte Fahrgäste. Aber auch Leseschwache profitieren von dem Angebot. Rund zwei Millionen Euro lässt sich der Senat nach Angaben von Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) das Experiment kosten.

Ausgesucht hat man, wie bereits berichtet, zwei Linien: Die M 4 (Falkenberg–Zingster Straße–Hackescher Markt) bei der Straßenbahn sowie die Buslinie 186 (S Grunewald–S Lichterfelde Süd). An diesen Linien gebe es jeweils Einrichtungen für Blinde und Sehbehinderte, begründete BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta die Auswahl. Am Montag stellte sie das Projekt vor.

Ein Problem mit der Lautstärke

Aber nicht jedes eingesetzte Fahrzeug und auch nicht alle Haltestellen entlang dieser Linien werden sprechen. Auf der Linie 186 erhalten zehn von zwanzig eingesetzten Bussen sowie fünf Haltestellen (Kaissereiche, Walther-Schreiber-Platz, Schloßstraße, Kieler Straße und Rathaus Steglitz) die Sprechanlage – jeweils nur in einer Fahrtrichtung. Vier weitere Busse sowie vier Haltestellen erhalten die Technik für eine App-basierte Ansage. Bei der Straßenbahn sind zehn Fahrzeuge und acht Haltestellen ausgestattet (Berliner Allee/Indira-Gandhi-Straße, Antonplatz, Greifswalder Straße sowie zwei Stopps auf dem Alexanderplatz). Hier gibt es teilweise Ansagen für beide Richtungen. Vier weitere Haltestellen haben die App-Lösung.

Bei der Vorführung in der Werkstatthalle der Straßenbahn in Lichtenberg war die Haltestellenansage sehr laut; beim Bus dagegen musste man schon gut zuhören. Die richtige Lautstärke zu finden, sei Teil des Versuchs, sagte Nikutta. Anwohner sollen schließlich von den Durchsagen nicht genervt werden. Einige Systeme im Test passen die Lautstärke den Umfeldgeräuschen an.

Ansagen auch per App

„Die Bahnen und Haltestellen sollen flüstern und nicht brüllen“, sagte der Geschäftsführer des Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenvereins (ABSV), Manfred Scharbach. Der Verein fordert schon seit Jahren solche Ansagen. Die BVG hatte bisher Bedenken, weil sie Proteste von Anwohnern wegen des Lärms befürchtete.

An der Haltestelle kommen die Ansagen per Knopfdruck. Die Anlagen sind in der Regel in die Haltestellensäulen integriert. Neben der aktuellen Uhrzeit nennt das System die nächsten Abfahrten und die voraussichtliche Abfahrtszeiten. Zudem kündigt es das ankommende Fahrzeug an. Bei den Fahrzeugen gibt es die Informationen nach dem Öffnen der Türen. Bei Betriebsstörungen müssen die Fahrer die Informationen liefern. Die dritte Schiene sind akustische Angaben über eine App auf Smartphones oder Tablets. Insgesamt testet die BVG zwölf Modelle von sieben Herstellern.

Scharbach setzt schon jetzt auf Ansagen in den Fahrzeugen. Die mehr als 7200 Haltestellen beim Bus und bei der Straßenbahn mit der Technik auszustatten, wäre viel zu teuer, sagte er.

Ganz neu ist das System nicht. In Potsdam gibt es bereits seit 2015 an mehreren Haltestellen Außenansagen bei der Straßenbahn. Die Lautstärke richtet sich dabei nach der Tagesszeit. Auch Erfurt lässt seine Straßenbahnen und Haltestellen seit 2015 sprechen.

Wer es in Berlin erleben will, kann sich bei der BVG noch für den Test melden. Mitmachen können auch gut sehende Fahrgäste.

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