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Berlin: Externe Fachleute sollen Medikamentenaffäre aufklären

Senat ernennt Anwalt Hasso Lieber zum neuen Justiz-Staatssekretär / Senatorin von der Aue will heute über die Vorgänge in Moabit informieren

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Der frühere Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Brandenburger Innenministerium, Hasso Lieber (60), ist neuer Staatssekretär in der Justizverwaltung. Er folgt Christoph Flügge, den der Senat am Dienstag in den einstweiligen Ruhestand versetzt hatte. SPD-Justizsenatorin Gisela von der Aue hatte ihn vergangenen Freitag entlassen. Der Grund war offiziell ein zerstörtes Vertrauensverhältnis. Auslöser waren offenbar Meinungsverschiedenheiten über den Umgang mit der Medikamenten-Affäre im Gefängnis Moabit gewesen. Gefängnismitarbeiter sollen Medizin, die für Gefangene gestimmt war, unterschlagen haben.

Der Senat ernannte am Dienstag den neuen Staatssekretär auf Vorschlag von Gisela von der Aue. Hasso Lieber, der in den vergangenen sieben Jahren als Rechtsanwalt in Berlin und Brandenburg gearbeitet hat, soll am heutigen Mittwoch sein Amt antreten, sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer. Wieweit der Personalwechsel mit der Gefängnisaffäre zusammenhängt, wollte er nicht kommentieren. Es sei nicht üblich, dass der Senat sich bei Entlassungen von Spitzenbeamten äußere – zum Schutz der Senatorin aber auch aus „Fürsorgepflicht“ für den Entlassenen. Über die Absetzung Flügges sei im Senat nicht gesprochen worden. Senatorin von der Aue habe lediglich ihren neuen Staatssekretär vorgestellt, insgesamt habe der Senat zehn Minuten seiner 50-minütigen Sitzung über das Thema geredet, sagte Donnermeyer. Die Diskussion über die Personalie verlief dem Vernehmen nach nicht kontrovers. Von der Aue habe die Gründe für ihren Schritt „nachvollziehbar“ dargelegt. Sie soll über die Hintergründe im Medikamenten-Skandal schlecht beziehungsweise falsch informiert worden sein. „Der Staatssekretär ist die wichtigste Vertrauensperson für einen Senator. Wenn da Sand ins Getriebe gestreut worden ist, kann das nicht mehr rund laufen“, hieß es in SPD-Kreisen.

Von der Aue und Flügge hatten offenbar auch unterschiedliche Positionen über die Zusammensetzung der Untersuchungsgruppe, die die Senatorin vergangene Woche eingesetzt hatte. Diese Kommission soll die Hintergründe der Affäre aufklären. Während von der Aue auf externen Sachverstand setzte, soll sich Christoph Flügge für die Besetzung mit Mitarbeitern aus der Verwaltung und dem Justizvollzug ausgesprochen haben.

SPD-Rechtspolitiker Fritz Felgentreu erwartet von der Kommission unter Leitung von Werner Heinrichs, leitender Ministerialrat beim Brandenburger Rechnungshof, Aufklärung darüber, „was passiert ist, wer dafür verantwortlich ist, und wie man künftig ausschließen kann, dass Medikamente unterschlagen werden“.

Er bedauerte die Ablösung von Flügge. Es sei aber das Recht eines Senators, Staatssekretäre zu entlassen, wenn keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr gewährleistet sei. Der Koalitionspartner hält sich in der Bewertung von Lieber zurück: „Wir hoffen auf gute Zusammenarbeit“, sagte Klaus Lederer, rechtspolitischer Sprecher der Linkspartei. Die liberale Rechtspolitik müsse fortgesetzt werden. Die personelle Umbesetzung sei ein SPD-internes Thema, zumal die PDS von ihrem Koalitionspartner auch Zurückhaltung erwartet hatte, als der frühere PDS-Kultursenator Thomas Flierl sich von seiner Staatssekretärin Krista Tebbe getrennt hatte. Dennoch haben die Genossen Bauchschmerzen: Erst die Trennung von Flügge, dann die Aufklärung des Medikamenten-Skandals sei nicht die „optimale Reihenfolge“. In der PDS wird schon gefrotzelt, der neue Staatssekretär solle seine Anwalts-Zulassung lieber nicht „zu schnell“ zurückgeben. Am heutigen Mittwoch erwartet die Opposition im Rechtsausschuss Aufklärung von der Justizsenatorin, wie es zu Flügges Entlassung kam, und welche neuen Erkenntnisse sie über den Medikamenten-Skandal hat.

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