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Berlin: Exzellenz lassen bitten

Berlins Botschafter öffneten ihre Privaträume – für zwei Buchautorinnen und die Leser des Tagesspiegels

Der Botschafter von Kuwait tut es, ebenso sein tunesischer oder sein ungarischer Kollege. Sie halten sich im eigenen Pool fit. Zuhause, in ihren Residenzen. Denn Botschafter sind privilegierte Menschen. Sie leben, wie der Normalbürger es sich vorstellt: in eleganten Berliner Villen. Doch ihr Heim ist immer auch Dienstsitz, ein Wohnsitz auf Zeit. Und die Räume haben eines gemeinsam: Sie sind selten ganz privat, sondern immer in erster Linie Repräsentanz. Ab heute können Tagesspiegel-Leser durch Schlüssellöcher blicken: in die Residenzen von Amerikanern und Usbeken, Japanern und Brasilianern, Kanadiern und Norwegern, Russen oder auch Vatikan-Mitarbeitern.

Die Ansichten sind dem Bildband „Berliner Residenzen“ entnommen. So haben Kirsten Baumann und Natascha Meuser ihr Buch genannt, für dessen Recherche sie zu Gast bei Botschaftern und ihren Familien waren. 40 Exzellenzen konnten sie überreden, ihre Gemächer der Öffentlichkeit zu präsentieren: elegante Kaminzimmer, noble Zigarren-Lounges, feudale Speisesäle, von Kronleuchtern erhellte Fluchten, opulente Badezimmer samt Whirlpools. Doch immer gelang auch ein Blick in die Seele des jeweiligen Landes. „Wir durften alles fotografieren – außer den Überwachungskameras“, sagt Kirsten Baumann, seit 1974 in Berlin lebende dänische Kulturmanagerin.

Die Idee zum Buch entstand, als Kirsten Baumann, Architektin Natascha Meuser – Tagesspiegel-Lesern als Autorin der „Berliner Zimmer“ bekannt – und ihr Ehemann Philipp Meuser, ebenfalls Architekt, in der Paris-Bar beim Wein zusammen saßen. Die Autoren wollten zeigen, dass die Stadt wieder ein diplomatisches Parkett besitzt, aber nicht das offizielle, sondern das der breiten Öffentlichkeit unzugängliche private Terrain vorstellen. Einlass verschafften sich die beiden Frauen mit einem kleinen Trick. Als sie bei den Exzellenzen von „A“ wie Australien bis „V“ wie Vatikan ihr Anliegen vortrugen, ließen sie ins Gespräch einfließen: Coats und Lever machen auch mit. Und weil Amerikaner und Engländer privat Flagge zeigten, wollte niemand mit der eigenen Residenz abseits stehen. Gezeigt werden im übrigen nur die Räume, die Bewohner brauchten nicht zu posieren.

Am besten hat es Natascha Meuser in der Apostolischen Nuntiatur des Vatikans im unglamourösen Neukölln gefallen. „Fast mit Gänsehaut bin ich da wieder raus“, erinnerte sie sich an ihren Besuch bei den frommen Hausherren. „Bescheiden, edel und schlicht“ lebten sie dort. Das Haus ist die Ausnahme unter den Residenzen: die älteste Repräsentanz, aber das modernste Gebäude.

Kirsten Baumann, Natascha Meuser: Berliner Residenzen, Verlagshaus Braun, 196 S., 350 vierfarbige Abbildungen, deutsch/englisch, 29,90 Euro.

Heidemarie Mazuhn

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