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Berlin: Fälschlich der Mitgliedschaft verdächtigter Polizeidirektor verlangt Schmerzensgeld für seine zerstörte Karriere

Der fälschlich der Scientology-Mitgliedschaft beschuldigte Polizeidirektor Otto D. hat das Land Berlin verklagt.

Der fälschlich der Scientology-Mitgliedschaft beschuldigte Polizeidirektor Otto D. hat das Land Berlin verklagt. Er verlangt mindestens 50 000 Mark Schmerzensgeld und weitere rund 17 000 Mark an Schadensersatzforderungen für Verdienstausfälle und Arztkosten. In der Klageschrift, die dem Tagesspiegel vorliegt, erhebt sein Rechtsanwalt Johann Schmid-Drachmann schwere Vorwürfe gegen die Senatsverwaltung für Inneres, das Landesamt für Verfassungsschutz und die Polizeiführung.

Laut Klageschrift herrschte nach dem anonymen Scientology-Vorwurf gegen Otto D. im März 1998 beim Verfassungsschutz zunächst die Meinung, "dass es sich auch um eine Intrige handeln könne". Diese Ansicht habe der stellvertretende Amtsleiter Klaus Müller in mehreren Besprechungen mit dem Leiter des Verfassungsschutzes Eduard Vermander und Polizeipräsident Hagen Saberschinsky wiederholt. Dabei soll er auch deutlich gemacht haben, dass das Amt "nicht in der Lage sei", für die Beschuldigung "einen Zeugen (...) zu benennen". Trotz dieser Warnungen habe der Verfassungsschutz kurz darauf die Zugehörigkeit von Otto D. zur Scientology-Organisation in einem Behördenzeugnis ausdrücklich bestätigt. Einzige Quelle für diese Behauptung war demnach der frühere V-Mann Adolf P., alias "Junior". Der damalige Innensenator Jörg Schönbohm habe dann darauf gedrängt, diese Information "mit einem zweiten Bein abzusichern". Daraufhin sollen die Verfassungsschützer "Dörfler" und "Aland" einem namentlich bekannten Scientology-Mitglied für belastende Aussagen gegen Otto D. 10 000 Mark angeboten haben. Der Versuch verlief erfolglos. Dennoch sei Otto D., so die Klage, "nachweislich über rund vier Monate" durch den Verfassungsschutz observiert - und vermutlich auch abgehört worden.

Auch Innenstaatssekretär Kuno Böse soll "alles ihm Mögliche getan" haben, um den Verdacht gegen D. weiterhin aufrecht zu halten. Dies selbst dann noch, als er bereits gewusst habe, dass der Staatsanwalt das Ermittlungsverfahren einstellen würde. Schwere Vorwürfe richtet der Anwalt an die Polizeiführung. Sie habe nach der Anschuldigung des Verfassungsschutzes ein "unverkennbares Misstrauen" und "zunehmend sogar feindlich zu nennendes Verhältnis" gegenüber dem Polizeidirektor geherrscht. Wegen der andauernden schweren Zerwürfnisse, insbesondere mit seinem Vorgesetzten Piestert, habe D. vor etwa vier Monaten Polizeipräsident Saberschinsky "notgedrungen" bitten müssen, ihn von seiner Funktion als Leiter des polizeilichen Lagezentrums zu entbinden. Eine weitere Karriere sei damit zunichte gemacht worden.

Otto Diederichs

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