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Heinrich Strößenreuther einen Ordner mit gesammelten Unterschriften zum "Volksentscheid Rad" an Senatsreferentin Maike Petersen. Über 100 000 Unterschriften wurden gesammelt, die müssen die Bürgerämter nun auswerten.

© Sophia Kembowski/dpa

Fahrrad-Volksentscheid: Bürgerämter müssen jede einzelne Unterschrift überprüfen

Der "Volksentscheid Rad" hat mehr als das Fünffache der nötigen Stimmen gesammelt. Geprüft werden muss trotzdem jede einzelne Unterschrift, selbst wenn das Quorum längst erreicht ist.

Weniger als vier Wochen brauchten die Initiatoren des „Volksentscheids Fahrrad“, um 105 425 Unterschriften zu sammeln. Wären alle gültig, wären es mehr als fünfmal so viele wie in diesem ersten Stadium, dem Volksbegehren, nötig. Seitdem die Liste übergeben wurde, haben die Bezirke 15 Tage Zeit, die Unterschriften zu zählen und auf ihre Gültigkeit zu überprüfen. Am 29. Juni müssen sie damit fertig sein.

Zuständig dafür sind die Bürgerämter, da nur sie Zugriff auf die Meldedaten haben. Bekanntermaßen sind die Mitarbeiter dort völlig überlastet – geprüft werden muss trotzdem jeder einzelne Eintrag. Für ein erfolgreiches Volksbegehren sind 20.000 gültige Unterschriften nötig. Gezählt werden muss jede einzelne – egal, ob 100.000 abgegeben wurden oder umgekehrt nur 1000, das nötige Quorum also ohnehin verfehlt wurde. Geregelt ist dies im Berliner Abstimmungsgesetz. Nur so könne letztlich ein amtliches Endergebnis formuliert werden.

Torsten Kühne (CDU), Bezirksstadtrat für Bürgerservice in Pankow, hatte deshalb bereits 2014 eine Änderung des Gesetzes gefordert. Sobald das nötige Quorum erreicht sei, solle die Auswertung beendet werden, forderte er. Der Senat habe ihm zwar damals mitgeteilt, dass das Problem bekannt sei – geschehen ist seitdem jedoch nichts. „Weil wir in Berlin kein ständiges Wahlamt haben, müssen dann jedes Mal die Bürgerämter ran. Dabei müssten die eigentlich entlastet werden“, sagt Kühne.

Bei einer gesicherten Stichprobe würden nur ein kleiner Teil gezählt werden

So sieht das auch Heinrich Strößenreuther, der Initiator des Fahrrad-Volksentscheids. Er wirft dem Senat vor, seine Mitarbeiter „Sisyphosarbeit“ leisten zu lassen. „Wieder einmal zeigt der Senat, dass er keine Ideen hat, wie man eine moderne Verwaltung führt“, sagte Strößenreuther. Seiner Einschätzung nach wäre es gar nicht notwendig, alle Stimmen bis zum Quorum zu zählen. Nach Rücksprache mit Fachleuten sei er zu dem Ergebnis gekommen, dass eine gesicherte Stichprobe bereits ausreichen würde. Bei knapp mehr als 100.000 Unterschriften würde dann eine Überprüfung von etwa 1000 ausreichen.

Frank Zimmermann, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, hält von derlei Ideen nichts. Jede Stimme müsse auf ihre Gültigkeit geprüft werden, unabhängig vom Quorum. „Letztlich möchte ich doch wissen, wie viele Personen einer Sache zugestimmt haben.“ Man habe das Abstimmungsgesetz gerade erst geändert und Klarheit darüber geschaffen, wann eine Stimme gültig ist. Das wolle man jetzt „nicht wieder anfassen“.

Eine Einschränkung macht Zimmermann allerdings: „Wenn wegen hoher Beteiligung Fristen zum Nachteil der Initiatoren ablaufen, kann man schon schauen, ob da nicht eine flexiblere Lösung möglich wäre.“ Bis dahin werden die Mitarbeiter der Bürgerämter aber weiterhin jede Unterschrift einzeln prüfen. Im Falle des Fahrrad-Volksentscheids macht das pro Bezirk knapp 9000 Stimmen, denn die eingereichten Listen werden gleichmäßig verteilt. Und der nächste Volksentscheid kommt bestimmt.

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