zum Hauptinhalt

Mehr Kontrollen in der Hauptstadt: Polizei will besseren Schutz für Radfahrer

Anweisung des Präsidiums: Beamte sollen sich 2012 gezielt um die Sicherheit der Fahrradfahrer kümmern. Es soll dann auch mehr Kontrollen und Bußgelder gegen Falschparken und riskantes Abbiegen geben.

Die Anweisung aus dem Polizeipräsidium klingt unmissverständlich: Mindestens ein Jahr lang soll sich die Berliner Verkehrspolizei gezielt um die Sicherheit der Radfahrer kümmern. Und das dürfte vor allem für Autofahrer Folgen haben. Denn die Beamten in den Direktionen sind aufgefordert, Gefahrenquellen für Radfahrer auf den Straßen umgehend zu beseitigen. Und das heißt: Falschparker müssen künftig nicht nur mit mehr Knöllchen, sondern auch mit einer persönlichen Ansprache rechnen. Nach den Vorstellungen des Präsidiums soll – falls die Einsatzlage es erlaubt – jeder Polizist jedes parkende Auto auf einer Radspur oder in der zweiten Reihe umgehend aufschreiben. „Bislang fuhren viele Beamte im Streifenwagen einfach daran vorbei, da müssen wir uns verbessern“, sagt Markus van Stegen, Chef der Verkehrspolizei, dem Tagesspiegel.

Video: Sicher Fahrrad fahren.

Begründet wird der neue Kurs mit der stetig wachsenden Zahl der Radfahrer. Ihr Anteil hat sich in den letzten zehn Jahren etwa verdoppelt; er liegt jetzt bei rund 13 Prozent, in der Innenstadt sollen es 25 Prozent sein. Als die statistisch größte Gefahr für Radfahrer will die Polizei bekämpfen: rücksichtslos abbiegende Autos. 2011 waren 1441 Radfahrer bei Abbiegeunfällen verunglückt, das waren 20 Prozent mehr als im Jahr 2010. Die meisten kamen ins Krankenhaus, die Polizei spricht von „regelmäßig schwersten Unfallfolgen“. Sechs Radfahrer wurden getötet, drei von Linksabbiegern, drei von Rechtsabbiegern. Damit ist mehr als jeder zweite tödliche Unfall von Abbiegern verursacht worden. Dies hatte der Radfahrclub ADFC bei der Vorstellung der Unfallbilanz im Februar kritisiert – und mehr Autofahrerkontrollen gefordert. Der ADFC ärgert sich seit Jahren darüber, dass die Polizei bei ihren „Radfahrerkontrollen“ die Funktion des Lichts und der Klingel überprüft, anstatt die Hauptverursacher ins Visier zu nehmen.

Die unbeliebtesten Radstrecken in Berlin:

Doch jetzt steuert die Polizei um. „Wir werden uns zielorientiert an Unfallbrennpunkten postieren“, kündigte Polizeidirektor Markus van Stegen an. Zu schnell oder unachtsam abbiegende Autofahrer sollen gestoppt und belehrt werden. Auf die kritisierten Lichtkontrollen bei Radlern werde man weitgehend verzichten. „Vormittags um 11 Uhr ist das unsinnig.“ Den Unfallexperten des ADFC, Bernd Zanke, freut dieser Kurswechsel: „Unsere jahrelangen Appelle scheinen gefruchtet zu haben“, sagt er. Insgesamt elf Radfahrer sind 2011 in Berlin getötet worden – ein vergleichsweise niedriger Wert. In den vergangenen zwölf Jahren hatte es viermal zum Teil deutlich höhere Zahlen gegeben. Insgesamt hatte es 7376 Unfälle mit Radfahrerbeteiligung gegeben. In 55 Prozent der Fälle hatten Radler den Unfall verschuldet oder mitverschuldet.

Radfahrer neigen dazu, immer wieder diesselben Fehler zu begehen...

Auch Radler neigen dazu, immer wieder dieselben Fehler zu begehen: Sie schneiden in den fließenden Verkehr ein, ohne sich umzuschauen. Oder sie sind auf der falschen Fahrbahn unterwegs – auf dem Gehweg oder dem Radweg entgegen der Richtung. ADFC-Sicherheitsexperte Zanke kritisiert, dass sich viele Radfahrer zu sehr auf ihre vermeintliche Vorfahrt verlassen, „die gucken nur stur nach vorn“. In den vom ADFC angebotenen Kursen „Sicher Radfahren“ werde vorausschauendes Fahren geübt.

Video: Auf der Fahrradmesse in Berlin.

Seit gut zehn Jahren setzt Berlin auf markierte Radspuren auf der Fahrbahn, dennoch gibt es immer noch viele unfallträchtige Radwege neben dem Gehweg. Im Februar hatte Polizeichefin Koppers angekündigt, dass einschlägige Gefahrenstellen umgestaltet werden sollen. Im Sinne der Sicherheit unterstütze die Polizei den Ausbau von Radspuren. Sie berät die Bezirke beim Umbau der Kreuzungen. Van Stegen nennt als Beispiel die Ecke Warschauer Straße / Mühlenstraße / Oberbaumbrücke. Die Kreuzung gilt – neben dem Kottbusser Tor – als gefährlichste für Berlins Radfahrer. Jeweils 18 Radler kamen 2011 hier zu Schaden.

An der Warschauer Straße müsse zunächst die Sichtbarkeit der Radfahrer verbessert werden, sagt van Stegen. Auf dem abschüssigen Teil gibt es noch einen Radweg auf dem Gehweg hinter parkenden Autos. Um die große Kreuzung kümmert sich derzeit die Unfallkommission aus Verkehrsverwaltung, Bezirk, Polizei und ADFC. Mit einer schnellen Umsetzung der Idee ist aber nicht zu rechnen. Der lang geplante Umbau des Kottbusser Tores nimmt langsam Gestalt an.

Allerdings bremst nun der Finanzsenator: Im Haushaltsplan für 2012/2013 sind die Mittel für die Kommission von einer Million auf 750 000 Euro gekürzt worden.

Zur Startseite