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Fall für den Innenausschuss: Henkel entsetzt über Verrat der Rocker-Razzia

Mitglieder der Rockervereinigung Hells Angels waren offenbar vor dem drohenden Verbot und einer Großrazzia gewarnt worden - und das nicht zum ersten Mal. Zweifel an der Wirksamkeit eines Verbots kommen auf.

Mit großer Spannung erwarten die Innenpolitiker aller Fraktionen den kommenden Montag: Dann soll es im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses ausführlich um die Verbotsverfügung gegen die Hells Angels gehen, die Innensenator Frank Henkel (CDU) am Mittwoch ausgesprochen hat – und um die Polizei-Pannen bei der Durchsetzung des Verbots. Mitglieder der Hells Angels waren offenbar gewarnt worden – Henkel erklärte am Mittwoch, er sei „entsetzt“ über entsprechende Hinweise. Er habe Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers aufgefordert, „die Umstände der Einsatzplanung und – durchführung genau zu prüfen und Konsequenzen zu ziehen“.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Rocker von Polizisten vor einer Razzia gewarnt worden sind. Im März stand ein Polizeiobermeister wegen entsprechender Vorwürfe vor Gericht. 2008 war eine Razzia gegen eine Berliner Vereinigung der „Bandidos“ geplatzt, nachdem diese gewarnt worden waren.

Die innenpolitischen Fachleute der Fraktionen sind nach diesen Erfahren deshalb parteiübergreifend vorsichtig mit der Bewertung des Vorgangs. So sagte zum Beispiel der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Thomas Kleineidam, er sehe sich nicht in der Lage, den Vorgang zu bewerten, „ehe ich Ermittlungsergebnisse habe“.

Noch weniger wollte Kleineidam über die politische Wirkung des mutmaßlichen Verrats der Polizeiaktion spekulieren – etwa auf das Ansehen der Polizeivizepräsidentin. Koppers hat sich, wie andere auch, um das Amt des Polizeipräsidenten beworben – die Ausschreibung läuft. Er habe „keinen Anlass, darüber nachzudenken“, ob die Panne vom Mittwoch Koppers schade, sagte Kleineindam.

Zwei Seiten einer Medaille: Das Verbot der Hells Angels stärkt andere, nicht weniger gefährliche Gruppen.

Peter Trapp, innenpolitischer Experte der CDU-Fraktion, sagte zu der Polizeiaktion vom Mittwoch: „Das Vorgehen als solches finde ich richtig.“ Nach langem Vorlauf – schon Henkels Vorgänger Ehrhart Körting (SPD) hatte prüfen lassen ob bestimmte Rockervereinigungen verboten werden können – habe Henkel nun eine „wasserdichte Verbotsverfügung“ vorgelegt. Allerdings müsse man sich im Kampf gegen die organisierte Kriminalität fragen, wem es helfe, „wenn die Strukturen zerschlagen sind“. So könnten von der Verbotsverfügung gegen die Hells Angels auch die Bandidos profitieren.

Der innenpolitische Sprecher der Piraten-Fraktion, Fabio Reinhardt, hielt sich mit einem Urteil über den Einsatz ebenfalls zurück. Er wolle der Sitzung des Innenausschuss am Montag nicht vorgreifen, so Reinhardt. Auf den ersten Blick wirke die Verbotsverfügung des Innensenators jedenfalls „angemessen“ – die organisierte Kriminalität sei laut polizeilicher Kriminalitätsstatistik „ein Problem“ in Berlin. In Anspielung auf den angeblichen Wechsel bestimmter Hells Angels zur Rockerbanden in Potsdam und Oberhavel zeige aber, dass man sich bei der Polizei „relativ wenig Gedanken“ über das gemacht habe, was nach der Razzia samt Verbotsverfügung passieren könne.

Erheblich größere Zweifel am Sinn des Verbots hat der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Benedikt Lux. Für ihn ist die wohl verratenen Razzia vom Mittwoch „die größte Ermittlungspanne, die ich in Berlin mitbekommen habe“. Wirklich erstaunt zeigte sich Lux nicht: An einer Verbotsverfügung seien geschätzte 40 Beamte beteiligt, Mitarbeiter der Innenverwaltung ebenso wie Polizisten aus dem Landeskriminalamt und von den Spezialkräften. Da sei Geheimhaltung schwer. Lux erwartet, dass „in alle Richtungen“ ermittelt werde, wer den Rockern die Razzia angekündigt habe – auch in Richtung der Senatsinnenverwaltung. Jetzt habe er die Sorge, dass zwischen Innensenator Henkel und Polizeivizepräsidentin Koppers „das Schwarze-Peter-Spiel“ losgehe, wessen Behörde das Misslingen der Razzia zu verantworten habe. Problematisch ist dem Grünen-Politiker zufolge ein rechtlicher Aspekt: Schließlich werde versucht, kriminelle Taten einzelner Personen ganzen Vereinen zur Last zu legen. Das ist allerdings von verschiedenen Verwaltungsgerichten geprüft und für hinreichend befunden worden.

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