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Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: Darf man eine Frau nach ihrem Alter fragen?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Früher hieß es immer, dass man eine Frau nicht nach dem Alter fragen soll. Eigentlich dachte ich, diese Regel sei im Zuge der Emanzipation überholt worden. Da mich das Alter eines Menschen meistens interessiert, frage ich auch nach. Allerdings habe ich schon öfter seltsame Reaktionen bekommen. Darf man das, oder darf man das nicht?

Manfred, neugierig

Jede Frau hat ein kleines Geheimnis. Und gerne ist das ihr Alter. Dass die alte Regel nicht mehr gelten könnte, mag Ihnen auch deshalb so vorkommen, weil immer mehr Frauen in Amt und Würden sind, was es mit sich bringt, dass Alter nicht unter allen Umständen verheimlicht werden kann. Sicher ist Ihre Beobachtung richtig, dass es auch eine Frage der Emanzipation ist, mit dem Alter offen und unbefangen umzugehen. Die entgeisterte Frage "Was, schon 50 ?1?!" kann ja auch sehr schmeichelhaft und wohltuend fürs Selbstbewusstsein sein. Trotzdem kommt sie nicht überall gut an. Deshalb sollten Sie immer so fragen, dass die Gesprächspartnerin gleich weiß: Ein "Nein, mein Alter verrate ich lieber nicht" als Antwort wäre auch okay. Das erschiene mir als die höfliche Variante, die Neugier auszuleben und mindestens in einigen Fällen Erfolgserlebnisse zu haben.

"Darf ich fragen, wie alt Sie sind?", wäre eine vergleichsweise konventionelle Variante. Das Geständnis "Ich denke gerade darüber nach, wie alt Sie sein könnten", lädt sogar noch mehr dazu ein, einfach übergangen zu werden. Zwar muss man heute nicht mehr in gleicher Weise wie noch vor Jahren fürchten, wegen des Alters diskriminiert zu werden. Da trägt schon der demographische Wandel zu bei. Aber dennoch ist die Furcht berechtigt, anders wahrgenommen zu werden, wenn das wahre Alter wie ein Bekenntnis auf dem Tisch liegt, und die schönste Haarfarbe und selbst gerade frisch gestraffte Lider und aufgepolsterte Lippen nicht mehr davon ablenken können. Wenn Sie Ihre Neugier auf das Alter einer Frau eindämmen wollen, schüren Sie Ihre Furcht vor der Gegenfrage: „Schätzen Sie doch mal." Da heißt es dann, nicht unglaubwürdig, aber trotzdem möglichst galant zu sein. Leider gilt auch in diesem Fall, dass die Möglichkeiten moderner Kosmetik Ihre Feinde sind. Neben dem Pass-Alter haben die meisten Menschen auch ein gefühltes Alter, das aus Ihrer Persönlichkeit herausstrahlt. Wie wäre es, wenn Sie sich damit vermehrt beschäftigen? Die Zahl Ihrer weiblichen Fans wird das nicht verringern.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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