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Fallstricke des Alltags: … ich, Du, er, Sie, es … Wie kompliziert kann die Anrede sein?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Normalerweise bietet der Ältere dem Jüngeren das „Du“ an, und die Frau bietet es dem Mann an. Wie aber verhalten sich diese Regeln untereinander? Biete ich der jüngeren Frau das „Du“ an oder umgekehrt? Biete ich es der älteren Mitarbeiterin an oder sie mir?

Michael, gesiezt

Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.
Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Nicht alles lässt sich durch Regeln festlegen und damit vereinfachen. Auch die Regel, nach der die Frau dem Mann das „Du“ anbietet, ist in Zeiten fortgeschrittener Emanzipation eigentlich nicht mehr ganz korrekt. Allerdings wird sie weitgehend eingehalten, wie so viele Formen, die bei ihrer Entstehung Gründe hatten, die es heute gar nicht mehr gibt. Gerade aufgrund der Historie würde ich es einem älteren Mann empfehlen, sich gegenüber der jüngeren Frau eher abwartend zu verhalten. In kreativen Branchen duzen junge Praktikanten oft ganz unbefangen drauflos. Das kann die gestandene Mitarbeiterin mit einem souveränen Lächeln akzeptieren oder auch korrigieren, wenn ihr das gar nicht recht ist.

Mit Ihrer älteren Mitarbeiterin ist es für Sie als Chef etwas komplizierter. In manchen Unternehmen ist es üblich, dass alle sich duzen, man nennt das auch das Ikea-Syndrom. So was ist nicht jedermanns Sache, selbst wenn die Zeiten immer lockerer werden. Manche Menschen halten aus guten Gründen im Berufsleben lieber auf Distanz. Insofern sollte man es nicht überstürzen mit dem gegenseitigen Duzen. So ein bisschen Abstand kann auch sehr angenehm sein und bei manchen Gesprächen von Vorteil. Es kommt in dem Fall also sehr darauf an, ob ein gefühltes „Du“ zwischen Ihnen und der Mitarbeiterin spürbar ist. Nur dann sollten Sie in Erwägung ziehen, tatsächlich vom „Sie“ zum „Du“ überzugehen. Da die Regelung zwischen Mann und Frau ohnehin auf der Kippe steht, sollten Sie hier nach dem Prinzip verfahren, dass der Ranghöhere dem Rangniederen das „Du“ anbietet. Behutsamkeit ist Pflicht. Sie sollten das Angebot unbedingt so formulieren, dass die Mitarbeiterin die Möglichkeit hat, sich möglichst elegant aus der Affäre zu ziehen, wenn ihr die sprachliche Distanz wichtig ist.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an: meinefrage@tagesspiegel.de

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