zum Hauptinhalt

Fallstricke des Alltags: Muss ich blöde Geschenke loben

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Immer wieder bekomme ich Geschenke, bei denen ich die Geste sehr schätze, die ich aber eigentlich nicht gebrauchen kann. Schokolade liegt bei mir monatelang im Kühlschrank. Über Nüsse hingegen würde ich mich freuen. Seit zehn Jahren bekomme ich von einer Tante immer das gleiche Pesto. Anfangs habe ich es genossen, jetzt ist es mir über. Leider habe ich nicht den Mumm, ein Geschenk zu kritisieren.

Elfi, falsch beschenkt

Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, das Sprichwort hat im Zeitalter der Pferdestärken nichts an Aktualität verloren. Wohl aber ist ein bisschen von der Tabukraft zerbröselt. Das mag daran liegen, dass Effizienz in unserer Gesellschaft ein hoher Wert ist. Niemand ist davor gefeit, dass sich im Unterbewusstsein der Effizienzzwang ganz rasch von der Arbeitswelt ins Private ausbreitet. Natürlich möchte man nicht wirklich immer nur exakt das bekommen, was man sich wünscht. Denn ein Leben ohne Überraschungen wäre ja sehr langweilig. Andererseits kann ich Ihre Enttäuschung schon verstehen. Da wäre es so leicht, Ihnen eine Freude zu machen, der andere weiß nur nicht wie. Natürlich bleibt die Tante, beflügelt vom Erfolg der frühen Jahre dabei, Ihnen dieses bestimmte Pesto zu schenken. Auf keinen Fall sollte man Geschenke loben, die man nicht mag. Ein schlichtes „Danke“ muss reichen, denn sonst bekommt man später echte Entsorgungsprobleme.

Also hören Sie auf, sich über Schokolade und falsches Pesto sichtlich zu freuen. Das lenkt die Menschen, die es gut mit Ihnen meinen, in die falsche Richtung. Fangen Sie besser mal an, bei einer unverfänglichen Gelegenheit von Dingen zu schwärmen, die sie mögen. Erzählen Sie von ihrer Lieblingssorte Nüssen, und dass Sie den Schokoladenkonsum eingestellt haben, um alle Kalorien, die in Ihrem Tagesumsatz für Naschwerk vorgesehen sind, in Form von exakt diesen Nüsschen zu sich nehmen. Bestimmt haben Sie im Delikatessenladen Ihres Vertrauens auch mal eine Sorte Pesto entdeckt, die Sie der Tante als nicht übertreffbar besonders ans Herz legen möchten.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an: meinefrage@tagesspiegel.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false