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Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: Soll man Freude heucheln?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Bekomme ich etwas geschenkt, was ich schon habe, etwa ein Buch, bedanke ich mich dafür, dass der Geber meinen Geschmack genau kennt und weise darauf hin, dass ich es schon besitze. Ein Freund besteht darauf, man müsse die Wahrheit verschweigen, um den Schenkenden nicht zu verletzen. Er selbst heuchelt dann große Freude.

Der Freund macht es sich leicht. Wahrscheinlich verschenkt er das Buch dann bei nächster Gelegenheit weiter. Lustig wäre es, wenn auf diese Weise innerhalb eines Freundeskreises ein Buchkreislauf in Gang käme, so dass am Ende das gute Stück wieder beim ersten Schenker landet. Aber mit Freunden sollte man es sich auch nicht zu leicht machen, denn das würde bedeuten, dass man sich nicht richtig auf sie einlässt. Es kann doch einfach niemand ernsthaft verletzt sein, nur weil er erfährt, dass das Buch, das er mitgebracht hat, schon vorhanden ist. Da finde ich Ihre Reaktion eigentlich sogar besonders charmant. Ein Gespräch darüber, was als Ersatz infrage käme, könnte für beide Seiten bereichernd sein, weil es ja auch die aktuelle Interessenlage offenlegt. Bücher kann man doch unkompliziert umtauschen.

Heucheln ist gerade bei Geschenken nie gut. Ich würde auch keine übergroße Freude heucheln, sollte mir jemand ein Sachbuch zum Thema Heimwerken schenken, weil mich so was schlicht nicht interessiert. Viel zu groß wäre die Gefahr, dass der Schenker durch die Heuchelei auf den falschen Pfad geführt und, vom vermeintlichen Erfolg beflügelt, künftig zu jedem Anlass Heimwerker-Bücher anschleppt. Freunde durch Heuchelei gezielt in die Irre zu führen, kann sich so böse rächen. Deshalb sollte man darauf lieber ganz verzichten.

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