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Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: Wer bringt den Toast aus?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Bei einer Geburtstagsfeier erhob der Gastgeber sein Glas und hieß alle willkommen. Als vermutlich Ältester in der Runde rief ich vor dem Anstoßen dazwischen: „Nun lassen wir das Geburtstagskind erst mal hochleben und stoßen auf seine Gesundheit an. Prost!“ Die Gläser klangen. Aber mir blieb die Frage: Gehört sich das? Oder war das ein Fauxpas? Oder sollte man sich sogar so verhalten?

Richard, initiativ

Gute Wünsche sind immer willkommen. Manchmal organisieren die Gäste oder, bei einer Überraschungsparty auch die Gastgeber, Reden zur angemessenen Würdigung des Geburtstagskindes. Hat das niemand getan, hat gar der oder die Feiernde selber eingeladen, dann ist es sicher eine gute Idee, wenn einer der Gäste es übernimmt, mindestens einen Toast auszusprechen. Seniorität bietet immer einen guten Vorwand dazu. Es wäre aber auch denkbar, dass der beste Freund, die beste Freundin oder nahe Verwandte das übernehmen. Wenn entsprechende Kandidaten unter den eintreffenden Gästen identifizierbar sind, empfiehlt es sich unter Umständen, vorher mal zu fragen, ob es in Ordnung ist, für alle anderen zu gratulieren. Da in Ihrem Fall aber kein anderer die Initiative ergriffen hat, war es sicher im Sinne der Party-Gesellschaft, dass Sie das Glas erhoben haben. Das ist ja auch ein Zeremoniell, welches den Grund der Zusammenkunft unterstreicht. Vermutlich waren die Anwesenden dankbar, dass jemand die Initiative übernommen hat, und das Geburtstagskind hat sich gefreut über diese Geste, die allen noch mal klargemacht hat, was hier eigentlich gefeiert wird. Lädt jemand zu einem Fest ein, und nur Sie wissen, dass es nebenbei auch ein Geburtstag ist, wäre mehr Vorsicht angeraten. Dann sollte man sich unbedingt mit dem Jubilar kurzschließen, ob eine öffentliche Gratulation überhaupt willkommen ist. Sobald der Anlass aber klar und von allen Beteiligten abgesegnet, ist, sind solche Vorsichtsmaßnahmen nicht notwendig. Dann kann man sich in der Regel darauf verlassen, dass eine solche spontane Eingabe auch zum richtigen Handeln führt. Nicht jeder eignet sich dazu, vor einer größeren Gesellschaft zu sprechen, selbst wenn es nur ein Freundeskreis ist. Was das Aussprechen von guten Wünschen betrifft, stößt man auch sonst allzu oft auf Unsicherheit oder eine schwer erklärbare Verschämtheit. Dabei kann man in einer schwierigen Welt eigentlich nicht genug gute Dinge sagen. In diesem Sinne: Frohe Ostern!

Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.
Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

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