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Berlin: Falscher Fahrer: 16-Jähriger steuerte S-Bahn durch Berlin In Uniform war der Junge auf dem Ring unterwegs. Der Zugführer hatte ihm seinen Platz überlassen

Der Aufsicht erschien der Fahrer ungewöhnlich jung. Sie alarmierte den Bundesgrenzschutz.

Der Aufsicht erschien der Fahrer ungewöhnlich jung. Sie alarmierte den Bundesgrenzschutz. In der Nacht zu Sonntag nahm der BGS dann einen mit einer S-Bahn-Uniform bekleideten 16-jährigen Eisenbahnnarren am Steuer eines gut besetzten Zuges auf der Ringbahn fest. Der Schüler war mindestens von der Papestraße bis zum Westkreuz gefahren. Der eigentliche Zugführer, ein 25-jähriger Bekannter des Jungen, saß daneben. Eine aufmerksame Bahnsteigaufsicht könnte als Schutz der Fahrgäste bald wegfallen: In der vergangenen Woche hatte das Unternehmen angekündigt, aus Kostengründen 700 der 900 Aufsichten einzusparen.

Der Jugendliche ist offensichtlich ein großer Bahn-Fan. Im vergangenen Jahr hatte er bei einem Preisausschreiben zum 80-jährigen Jubiläum der S-Bahn ein Buch gewonnen. Woher er die Uniform hatte, ist unklar, auch ob er möglicherweise schon häufiger im Führerstand mitgefahren ist. Der Bundesgrenzschutz (BGS) will jetzt ermitteln, woher der 16-Jährige den Zugführer Ingmar S. kannte. Klar ist, dass dieser den Jungen freiwillig ans Steuer ließ.

Vor allem für den Zugführer, der bis auf weiteres vom Dienst suspendiert wurde, dürfte der Vorfall Folgen haben. Neben dem Rauswurf aus dem Unternehmen droht ihm eine Strafanzeige wegen „gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr“. Das Ermittlungsergebnis werde für die S-Bahn Grundlage sein, „um die erforderlichen personellen Konsequenzen zu ziehen“, teilte der BGS gestern mit.

Wenn die Aussagen beim BGS stimmen, ist der Schüler am Bahnhof Papestraße eingestiegen. Am Bahnhof Westkreuz wurde er um 23.30 Uhr festgenommen. Viel weiter wäre der Zug planmäßig nicht gefahren, nur noch zwei Stationen bis Westend. Zuvor war der Zug aus Spindlersfeld jedoch schon 1,5 Stunden unterwegs gewesen, er hatte dabei den Ring einmal komplett umrundet. Unklar ist nach Angaben eines BGS-Sprechers, ob K. diese komplette Umrundung schon mitgemacht hatte. Den Bahnhof Papestraße fuhr der Zug auf dem Ring zweimal hintereinander an.

Nicht nur Eisenbahnern ist der spektakuläre Fall des „S-Bahn-Piraten“ in unguter Erinnerung. Am 1. November 2003 hatte ein damals 19-Jähriger zwei Stunden lang einen Zug durch Berlin gesteuert – ebenfalls in einer Uniform. Die echte Fahrerin hatte er belogen und gesagt, dass er ausgebildeter Fahrer sei. Die Justiz klagte den jungen Mann nicht an, denn S-Bahn-Fahren ohne Führerschein ist als Tatbestand nicht vorgesehen. Nach Angaben von S-Bahn-Betriebsleiter Eberhard Lorenz ist die Mitfahrt im Führerstand streng reglementiert. Selbst S-Bahn-Angestellte dürfen nur nach Ausweiskontrolle dort einsteigen.

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