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Berlin: Falschgeld-Scanner ausgetrickst

Noch nie waren so viele Blüten im Umlauf wie in diesem Jahr. Die Qualität der Nachahmungen wird immer besser

Von Cay Dobberke und Jörn Hasselmann

Im diesjährigen Weihnachtsgeschäft rechnet die Polizei damit, dass wieder vermehrt Falschgeld in Umlauf kommt. Dies könne im Getümmel leichter abgesetzt werden. Schon jetzt „gibt es so viel Falschgeld wie noch nie“, sagt die Leiterin des zuständigen Kommissariats im Landeskriminalamt (LKA), Ute Kadow. In den ersten zehn Monaten wurden 6000 „Blüten“ beschlagnahmt – im Vorjahr waren es in diesem Zeitraum nur 700. Seit dem Sommer zieht es besonders litauische Banden nach Berlin – im Koffer professionell hergestellte Scheine, meist 50 und 100 Euro. Diese Blüten tricksen selbst den in Läden gebräuchlichen Test unter UV-Licht aus.

Der letzte Schlag gegen die Fälscher war ein Zufallstreffer: Am 1. Oktober fiel einer Aldikassiererin ein Litauer mit einer Blüte auf. Bei einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung wurden drei weitere illegal hier lebende Litauer entdeckt, zudem Bündel mit Falschgeld: 100 Noten à 50 Euro und knapp 30 Hunderter. Die Männer sitzen in Untersuchungshaft. Tage später wurden in Oranienburg drei Litauer festgenommen, die mit 100-Euro-Noten einkaufen wollten. Seit fünf Monaten seien Litauer als Fälscher aufgefallen, sagte Justizsprecher Retzlaff. 75 Prozent der Blüten sind 50-Euro-Noten, bei denen ist das Misstrauen an der Kasse geringer. Nach Angaben der Bundesbank ist das Falschgeldaufkommen gestiegen: Auf eine Million Scheine kamen im ersten Halbjahr 2003 15 Blüten – im Jahr 2002 waren es sechs.

Die straffe Organisation der litauischen und bulgarischen Banden macht der Polizei zu schaffen. Denn die Fälscher „verkaufen“ ihr Geld nicht mehr an Zwischenhändler, sondern bringen es selbst „in Verkehr“. Nach Angaben des LKA schotten sich die Banden ab und „akzeptieren keine anderen ethnische Gruppe mehr“; Litauer, Bulgaren, Polen und Jugoslawen bleiben also unter sich. Bislang kommen die meisten Fälschungen aus diesen Ländern. Trotz aller technischen Fortschritte der Täter – „die perfekte Fälschung gibt es nicht“, sagt Ute Kadow vom LKA. Den Litauern ist es jedoch gelungen, mit speziellem Papier und Druck zwei gängige Prüftechniken weitgehend auszuschalten: Die unter ultraviolettem Licht leuchtenden Fasern echter Scheine werden „täuschend echt imitiert“. Dagegen leuchtet bei schlecht imitierten Scheinen die ganze Banknote hellblau auf. Die von Kassierern in Supermärkten und kleineren Läden benutzten Stifte bieten ebenfalls keine Gewähr. Eigentlich soll die aufgetragene Flüssigkeit nur bei einem echten Schein schnell unsichtbar werden. Doch Profis haben diesen Test jetzt ausgetrickst.

Die Händler haben dennoch wenig Angst vor Falschgeld. Natürlich sei es für Händler oder Kunden ärgerlich, Nachahmungen aufzusitzen. Andererseits gebe es „volkswirtschaftlich kaum eine Auswirkung“, sagte Jan Holzweißig vom Berliner Einzelhandelsverband. Im Berliner Handel werde jährlich Falschgeld im Wert von bis zu einer Million Euro entdeckt. Diese Summe nennt er angesichts des Gesamtumsatz aller Läden von knapp 14 Milliarden Euro nicht dramatisch.

Informationen im Internet:
www.bundesbank.de/bargeld
www.polizei.propk.de/vorbeugung/betrug/geld

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