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Hier toben nur die Bauarbeiter. Der Spielplatz in der Kreuzberger Fontanepromenade.

© Kai-Uwe Heinrich

Familienfreundliches Berlin?: Spielplätze gleichen einem Schrottplatz

Verschimmeltes Holz, kaputte Bänke - Berlins Spielplätze sind marode. Für Reparaturen oder neuen Spielplätzen fehlt den Bezirken oftmals das Geld. Nun soll eine Spielplatzinitiative Abhilfe schaffen.

Sie wollten mit ihren Kindern auf den Spielplatz – und standen plötzlich vor einem Bauzaun. Das hölzerne Klettergerüst an der Kreuzberger Fontanepromenade sei durchgeschimmelt und drohe einzustürzen, erklärte den Eltern später ein Mitarbeiter des Grünflächenamtes. Weil der Bezirkshaushalt die 8000 Euro für eine Sanierung nicht mehr hergebe, bleibe die Anlage einfach gesperrt. Kein Einzelfall und für die Kinder aus dem Südstern-Kiez besonders ärgerlich, denn auch der Spielplatz an der Fichtestraße ist gesperrt, klagen Anwohner. Wie viele Spielplätze noch betroffen sind? Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) lässt gerade eine Liste erstellen, die ihm das Grünflächenamt nun vorlegen will.

Bezirk Mitte streicht etwa 100 000 Euro vom Etat

In anderen Bezirken ist die Lage prekär. Im Nothaushalt von Mitte steht in diesem Jahr nur eine Million Euro für den Unterhalt der Grün- und Erholungsflächen zur Verfügung. Die 240 Spielplätze sind davon nur ein kleiner Teil, sagt der Leiter des Tiefbau- und Landschaftsplanungsamtes, Harald Büttner. 45 000 Euro für die Reparatur und 60 000 Euro für die Neubeschaffung von Spielgeräten wurden aus dem Etat komplett gestrichen, ebenso wie die 50 000 Euro für die Unterhaltung von Sportflächen.

Die Million ist zur Jahresmitte bereits bis auf 150 000 Euro aufgebraucht, jetzt können nur noch Schwerpunkte gesetzt werden. Einzelne defekte Spielgeräte wurden bereits abgebaut. Ab August wird man beim Auftreten von Schäden zumindest Teile von Spielplätzen sperren müssen, sagt Büttner in Mitte. Die Finanzlage gibt nicht einmal mehr die Bretter für die Reparatur von Sitzbänken her, die ersten mussten deshalb bereits in der Schillingstraße entfernt werden. „Meine größte Sorge ist, dass es irgendwann bei den Sportplätzen weitergeht“, so der Amtsleiter. Die vor zehn Jahren entstandenen Tartanbahnen werden nämlich langsam marode.

Charlottenburg-Wilmersdorf fehlen jährlich eine Million Euro

In Charlottenburg-Wilmersdorf hat man sich bisher mit dem Abbau defekter Spielgeräte über die Runden retten können. „Es geht an die Substanz“, sagt Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD). Um die rund 125 öffentlichen Spielplätze in Schuss zu halten, fehlt dem Bezirk jährlich eine Million Euro. „Wenn es so weitergeht, werden wir in den nächsten Jahren auch über Komplettschließungen nachdenken müssen.“

Spandaus Baustadtrat fordert ein neues Zuweisungsmodell

In Spandau hat man die Engpässe bei der Spielplatzsanierung durch ein bezirklichen Sonderprogramm und die Sponsoring-Aktion „Raum für Kinderträume“ weitgehend abbauen können, so Baustadtrat Carsten-Michael Röding (CDU). Wegen der hohen Ausgaben in diesem Bereich hat sich der Bezirk bereits vor dem Haushaltsausschuss des Abgeordnetenhauses rechtfertigen müssen, so der Kommunalpolitiker. Da der Geldeinsatz nach der Gesamtfläche berechnet wird, liegen die Bezirke günstig, die „nur ein wenig sauber machen“, so Röding. „Wir brauchen in Berlin ein anderes Zuweisungsmodell, das die belohnt, die wirklich was machen.“ Auf zwei Spielplätzen in der Wasserstadt und im Spektefeld sind derzeit Teile wegen defekter Geräte gesperrt. Beide Standorte hat der Bezirk für ein erhofftes Sonderprogramm der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angemeldet. Dort winkt man allerdings ab. Das Thema sei zwar in einer Arbeitsgruppe der Grünflächenämter diskutiert worden, doch liege die Zuständigkeit für die Spielplätze ausschließlich bei den Bezirken, so eine Sprecherin.

In Hellersdorf reichen die finanziellen Mittel gerade mal für einen Spielplatz pro Jahr

In Tempelhof-Schöneberg sind auf einigen Plätzen einzelne Geräte gesperrt. Sie werden aber „nach und nach“ erneuert, so Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD). Für komplette Erneuerungen oder Sanierungen fehlen dagegen auch hier die Mittel. „Wir versuchen mit unseren Mitteln in jedem Jahr einen Spielplatz zu sanieren oder neu zu bauen“, sagt in Marzahn-Hellersdorf Stadtentwicklungsstadtrat Christian Gräff (CDU). Bis auf den Abbau einer maroden Skaterbahn im vergangenen Jahr ist man trotz Problemen bei der Unterhaltung bisher noch ohne Sperrungen ausgekommen.

Spielplatzinitiative vergibt Fördermittel an insgesamt 100 Bewerber

Beim Deutschen Kinderhilfswerk kennt man das Problem. Immer mehr Kommunen sparen bei den Spielplätzen, viele Anlagen sind in einem erbärmlichen Zustand, sagte Sprecher Uwe Kamp. Konkrete Angaben zu Berlin kann man hier allerdings nichts machen. Gemeinsam mit einem Getränkehersteller und dem TÜV Rheinland hat man eine Spielplatzinitiative gegründet, die in diesem Jahr zum zweiten Mal Fördermittel vergab. Spielplatzbetreiber konnten sich hier bewerben, die Sieger wurden bei einer Internetabstimmung ermittelt. 20 Plätze erhalten 5000 Euro, 80 weitere 1000 Euro. Oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Ersatz einer maroden Hängebrücke an einer großen Spielgerätekombination kostet allein rund 7000 Euro, so Harald Büttner.

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