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Berlin: Familienvater Aydin droht Haftstrafe in der Türkei

Angebliche PKK-Verbindungen gefährden die verfügte Ausreise der Familie Verwaltungsrechtler sehen gute Gründe für einen neuen Asylantrag

Sollte die Familie Aydin aus Deutschland in die Türkei abgeschoben werden, würde der Familienvater Feyaz Aydin voraussichtlich bei der Landung in Istanbul von der Polizei in Empfang genommen. Das sei übliche Praxis, bestätigte in Ankara Anwalt Ahmet Avsar dem Tagesspiegel. Alle aus Westeuropa abgeschobenen türkischen Staatsbürger werden am Flugzeug von Beamten der Istanbuler Flughafenwache vorläufig festgenommen und der Staatsanwaltschaft vorgeführt. Am Dienstag hatte der Vorsitzende des Petitionsausschusses, Ralf Hillenberg (SPD), ein angebliches Engagement von Feyaz Aydin für die verbotene kurdische PKK bekannt gemacht. Auf die „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Organisation“ wie der PKK stehen in der Türkei derzeit fünf bis zehn Jahre Haft. Kurden werden sogar dann hart bestraft, wenn sie nur Sympathien für PKK-Führer Abdullah Öcalan zeigen.

Die Unterstützer der kurdischen Familie Aydin geben nicht auf: „Wir wollen der Familie helfen, einen neuen Asylantrag zu stellen“, sagt Svenja Pelzel von der Bürgerinitiative „Familie Aydin soll bleiben“. Der „Ausrutscher“ des Petitionsausschussvorsitzenden Hillenberg habe neue Fakten geschaffen: „Er hat Feyaz Aydin öffentlich diskreditiert, als er vor versammelter Presse über seine Teilnahme an der kurdischen Demonstration vor der Israelischen Botschaft gesprochen hat.“ Am Dienstag hatte der Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses sich dafür ausgesprochen, das Ehepaar Aydin mit vier seiner elf Kinder abzuschieben. Damit war er Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gefolgt, der auf einer Ausreise der Aydins besteht. Hillenberg begründete den Entschluss unter anderem mit Feyaz Aydins angeblichem Engagement für die kurdische extremistische Partei PKK. Die Abgeordnetenhaus-Fraktion der Grünen hatte daraufhin seinen Rücktritt gefordert. „Das war ein schwerwiegender Verstoß von Hillenberg“, sagt Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Es sei nicht auszuschließen, dass damit neue Gefahren und damit auch ein neuer Asylgrund entstanden seien.

„Die Veröffentlichung der Details war ein Eigentor für die Innenverwaltung“, sagt der Experte für Flüchtlingsrecht und ehemalige Direktor des deutschen Instituts für Menschenrechte, Percy MacLean. „Ein neuer Asylantrag ist jetzt dringend zu empfehlen.“ Seiner Erfahrung nach reiche den türkischen Behörden ein Verdachtsmoment für eine Verhaftung bei der Einreise. Dabei sei die Begründung des Ausschusses absurd, sagen MacLean und Pater Klaus Mertes, Mitglied der Härtefall-Kommission, die die Familie aus humanitären Gründen unterstützt. Absurd, weil der letzte Ayslantrag der Aydins mit der Begründung abgelehnt worden sei, seine „exilpolitischen Aktivitäten hätten zu wenig Gewicht.“ Außerdem betont Pater Mertes, dass Feyaz Aydin nie strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. „Was Herr Hillenberg über Herrn Aydin sagt, ist Quatsch. Er ist ein kurdischer Patriot, aber kein PKK-Terrorist“, sagt Svenja Pelzel.

Die Unterstützer planen eine öffentliche Veranstaltung mit den Aydins und dem Innensenator. „Wir hoffen, dass Herr Körting sich traut, endlich mal die Menschen anzusehen, die er abschieben will“, sagt Svenja Pelzel. Außerdem wollen sie sich nun an den Petitionsausschuss des Bundestages wenden.

Familie Aydin lebt seit 17 Jahren in Deutschland. Den ersten Asylantrag stellte Feyaz Aydin im niedersächsischen Rinteln. Dort geriet er nach eigenen Angaben zwischen die Fronten von PKK und türkischem Geheimdienst. Nachdem eine seiner Töchter entführt worden sei, habe er seine Familie beschützen wollen und unter falschem Namen Asyl in Berlin beantragt. Zuvor war der erste Antrag in Rinteln abgelehnt worden. Die falsche Angabe wurde jedoch schon bald entdeckt. Die Familie gilt als gut integriert, fünf Kinder gehen noch zur Schule; drei Töchter sollen die Ausbildung noch beenden dürfen, bevor sie ebenfalls ausreisen müssen.

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