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Während die Fans oben feiern, ackert unten die Technik.

© imago/Müller-Stauffenberg

Fanmeile mit eigenem Stromnetz: Auch unter dem Tiergarten ist Spannung

Die Fanmeile hat ein eigenes Stromnetz. Schwarze Bildschirme sind daher heute Abend so gut wie unmöglich. Ein Ortstermin zwischen Kabeln und Trafos.

Die größte Steckdose Berlins ist leider unter einem großen grauen Kasten versteckt. Enttäuschung bei den Fotografen, doch die Ingenieure der Fanmeile sind begeistert. „So was gibt’s nur bei uns“, sagt Jörg Tubbesing von der Vattenfall-Tochter Stromnetz. Beiderseits der Hauptbühne am Brandenburger Tor kann eine 10 000-Volt-Leitung angezapft werden. Das reicht für jede denkbare Bühnenshow. Würde der Strom in herkömmlichen 400-Volt-Häppchen herangeführt, müssten 26 einzelne Starkstromleitungen verlegt werden, erklärt Vattenfall-Stromnetz-Geschäftsführer Michael Schäfer.

Die Straße des 17. Juni ist längst keine bloße Straße mehr. Unter der Erde liegt ein First-Class-Hochspannungsnetz mit fünf Kilometern Kabel und zehn fest installierten Trafostationen, intern läuft das unter der Bezeichnung „Silvesterring“, wegen der regelmäßigen Open- Air-Sause zum Jahreswechsel. Fällt eine Station auf dem Ring aus, kann sofort die nächste übernehmen, per Fernsteuerung. Früher musste auf jeder Station ein Techniker aufpassen. Ein Blackout der großen Bildschirme ist somit fast ausgeschlossen, es sei denn, das Umspannwerk Moabit – von dort kommt der Strom – fällt komplett aus. Die Straßenbeleuchtung würde aber weiter funktionieren, die ist unabhängig vom Ring.

 Jörg Tubbesing von der Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin in eine Trafostation unter der Straße des 17. Juni.
Jörg Tubbesing von der Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin in eine Trafostation unter der Straße des 17. Juni.

© Thomas Loy

Der Silvesterring wurde 2013 vom Senat in Auftrag gegeben, um den Veranstaltern von Fanmeile oder Fashion Week entgegenzukommen. Solche Events bringen der Stadt eine Menge Geld. Neben den Einnahmen für die Sondernutzung von öffentlichem Straßenland sind es vor allem die indirekten Einnahmen über den Tourismus und die Arbeitsplätze in der Veranstaltungsbranche. 14 Millionen Euro hat sich der Senat die technische Aufrüstung des 17. Juni kosten lassen. Auch ein großer Zaun rund um den östlichen Tiergarten war im Gespräch, damit sich die Veranstalter den hässlichen Sicherheits-Bauzaun sparen können, aber das verlief dann im Sande.

Was Vattenfall an der Fanmeile verdient, konnten die Manager nicht sagen. Der Veranstalter handelt als Großabnehmer einen eigenen Preis aus, die Betreiber der Buden und Fahrgeschäfte rechnen wiederum mit dem Veranstalter ab. 60 000 Kilowattstunden gehen an einem Fanmeilen-Tag durch die Leitungen, damit könnte man rund 30 Berliner Haushalte ein Jahr lang versorgen.

Schaltschränke in der Trafostation.
Schaltschränke in der Trafostation.

© Thomas Loy

Acht Megawatt Strom werden auf der Fanmeile maximal verbraucht, in ganz Berlin waren es zu Beginn des Viertelfinalspiels Italien gegen Deutschland etwa 1420 Megawatt. Während der ersten Halbzeit sank der Verbrauch kontinuierlich um rund 100 Megawatt, um in der Halbzeitpause wieder um rund 90 Megawatt zuzulegen. „Dann springen die Pumpen der Wasserbetriebe an, Licht wird angemacht, Kühlschränke geöffnet“, erklärt Schäfer. Die Pumpen müssen genügend Wasser für die Klospülungen heranschaffen. Die viel zitierte Halbzeit-Spitze im Wasserverbrauch lässt also auch den Stromverbrauch ansteigen.

Kleinere Verbrauchsspitzen gab es in der Pause vor der Verlängerung und beim Elfmeterschießen. Offenbar schalten viele Fußballfans, die zwischendurch die Lust verloren hatten, dann nochmal den Fernseher ein, holen sich ein weiteres Bier... Und in der Leitzentrale von Vattenfall schicken sie zusätzlichen Strom auf den Weg.

Public Viewing kostet zwar viel Energie, da die EM aber im Sommer stattfindet, droht kein Lieferengpass. Auch nicht bei einem Endspiel mit deutscher Beteiligung. Die traditionelle „Gänsebratenspitze“ an Heiligabend hat ganz andere Dimensionen.

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