zum Hauptinhalt

Berlin: Fantasiemenschen erspinnen

Wie ein Vater die Stadt erleben kann Unsere kleine Familie hat Zuwachs bekommen – und das, ohne dass wir etwas dazu getan hätten. Unsere Tochter Emma hat nämlich neuerdings eine große „Schwester“.

Wie ein Vater die Stadt erleben kann

Unsere kleine Familie hat Zuwachs bekommen – und das, ohne dass wir etwas dazu getan hätten. Unsere Tochter Emma hat nämlich neuerdings eine große „Schwester“. Sie heißt Giga (sprich: Dschiega). Aha. Und wer ist Gigas Papa, frage ich. „Ihr Papa heißt Cristillo“, antwortet Emma. Cristillo? Ach so, sage ich. Ich werfe meiner Frau Francesca so einen gewissen Blick zu. „Und ihre Mama heißt Sima“, ergänzt Emma und nimmt damit ein bisschen Spannung aus der Szene.

Emma spricht von ihrer Schwester also nicht in einem blutsverwandtschaftlichen, sondern vielmehr in einer Art spirituellem Sinn. Aber darum ist unsere Tochter nicht weniger um konkrete Informationen über die drei neuen Familienmitglieder verlegen. Wir erfahren zum Beispiel, dass Giga zwei Jahre älter ist als unsere Tochter, nämlich fünf Jahre alt, dass sie „in diesem Haus wohnt, aber ein bisschen weiter weg“, dass sie wie ihre Mutter Sima blond ist, während Vater Cristillo schwarze Haare hat. Kopfgeburten, wenn Sie so wollen, mit Hand und Fuß.

Ich überlege, ob uns Fantasiemenschen dabei helfen könnten, drängende gesellschaftliche Probleme zu lösen: Geburtenknick, Krise der Sozialsysteme, Haushaltsloch. Gegenüber Einwanderern haben Fantasiemenschen deutliche Vorzüge: Sie sind zu 100 Prozent integrationsfähig, verdüstern keine Arbeitslosenstatistik und nehmen niemandem den Parkplatz weg. Einziger Nachteil: Fantasiemenschen zahlen keine Steuern und Sozialbeiträge. Aber das lässt sich ja ändern. Durch eine Abgabenpflicht für ihre Urheber. Wer Fantasiemenschen ausspinnt, wird dafür künftig zur Kasse gebeten. Das belastet zwar vor allem Familien mit fantasiebegabten Kindern. Aber Opfer müssen eben alle bringen.

Die Fantasie Ihrer Kinder können Sie beim Kindertheater-Festival in der Schwartzschen Villa (Grunewaldstr. 55 in Steglitz) anregen. Im März werden dort 13 Stücke verschiedener Theatergruppen gezeigt. Informationen zum Programm unter Telefonnummer 9029 92212 oder im Internet: www.schwartzsche-villa.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false