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Berlin: Farbe bekennen

Aus der Zeit der uneingeschränkten Solidarität: Im Alliierten Museum eröffnet eine Ausstellung zum 11. September

Am Nachmittag des 11. September 2001, wenige Stunden nachdem er von den Anschlägen in New York gehört hatte, stand der amerikanische Botschafter Dan Coats am Fenster der Botschaft und blickte auf Berlin. Und er blickte auf die vielen Berliner, die dort mit Kerzen in der Hand ihre uneingeschränkte Solidarität zum Ausdruck brachten. „Die Erinnerung an jenen Tag wird nie verblassen“, sagte Coats am Montag abend im Allierten Museum.

Dorthin war er gekommen, um eine Ausstellung über Kunst zum 11. September zu eröffnen. Innerhalb von acht Wochen hatte Nancy Matthews von der Meridian Stiftung nach den Anschlägen Künstler aus New York und ganz Amerika dazu gebracht, ihre unmittelbaren Erlebnisse und Reaktionen zu verarbeiten. Mit 68 Kunstwerken repräsentiert „True Colors“ alles, was Amerika künstlerisch zu bieten hat, vom High School Schüler bis Roy Lichtenstein, dessen „Oval Office“ posthum aufgenommen wurde.

Und wie alles derzeit, was das transatlantische Verhältnis betrifft, war auch diese Eröffnung ein kleines Politikum. Coats gab sich versöhnlich wie lange nicht, und Karsten Voigt, der „Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit“ ließ die Gegenwart fast außen vor. Es wäre falsch, sagte er nur, in stiller Erinnerung an den 11. September zu verharren. „Wir müssen aktiv werden“. Mehr sagte er dann aber auch nicht.

Schon am Abend vorher, in der American Academy, schien die Sonne warm über den Wannsee – und über den Atlantik. Innenminister Otto Schily war gekommen, um versöhnlich die neuen Stipendiaten zu begrüßen. Ganz außenpolitisch sprach er von der Verantwortung, in der wir angesichts dieser weltpolitischen Lage alle stehen, als in der Jacke des Schriftstellers Peter Schneider das Handy klingelte: “ Wer ruft jetzt an?“, rief Schily. „ Der Joschka?“

Doch vor Missverständnissen ist auch der Versöhnlichste nicht gefeit: Als Helmut Trotnow, der Direktor des Alliierten Museum, daran erinnerte, dass Amerika mehr sei als nur Coca-Cola und Texas, dankte ihm die Organisatorin Matthews, des Deutschen fast mächtig, noch einmal extra: Dafür, dass er die Sponsoren so nett erwähnt hätte.

Die Sponsoren von „True Spirit“ sind andere: Horst Teltschik, der langjährige Mitarbeiter Helmut Kohls, sprach ein paar Worte für sie: „Amerika hat sich verändert“, sagte er, „mehr als die meisten Europäer es wahrhaben wollen.“ Das war, bei all den transatlantischen Versöhnungen, fast eine Drohung. Teltschik ist übrigens Präsident von Boeing Deutschland. Die Botschaft lautet: Nicht Maschinen sind schuld, sondern die Menschen, die sie fliegen. Das gilt dann wohl auch für die Politik. Moritz Schuller

True Colors, Alliierten Museum, bis 9. November, täglich außer Mittwoch 10-18 Uhr.

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