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Berlin: FDP: Aufbruch in neue Zeiten - mit alten Gesichtern

Der Brief, der Mitte Juni per Einschreiben beim Landesverband der Berliner FDP in der Chausseestraße einging, störte die liberale Fröhlichkeit nur wenig. Ein Parteiaustritt - na und?

Der Brief, der Mitte Juni per Einschreiben beim Landesverband der Berliner FDP in der Chausseestraße einging, störte die liberale Fröhlichkeit nur wenig. Ein Parteiaustritt - na und? Dagegen stehen schließlich dreihundert neue Mitglieder seit Beginn der Senatskrise und die schöne Aussicht, ins Abgeordnetenhaus einziehen zu können. Da lacht der Landesvorsitzende Günter Rexrodt. Doch tief in der plötzlich so hoffnungsfrohen Partei, die vor ein paar Wochen noch gezeichnet war von Flügelkämpfen und entmutigt durch Wahlniederlagen, grummelt es schon wieder.

Rexrodt könnte seine gute Laune noch verlieren. Der Pakt mit Gregor Gysi zum Sturz des Senats durch einen Volksentscheid stößt manchem in der Partei übel auf. Mindestens ein prominentes Mitglied hat aus Protest gegen Rexrodts Verhalten die Partei bereits verlassen. Zudem regt sich Ärger über den Umgang des Vorsitzenden mit den Parteigremien. Schon kursieren wieder Papiere, in denen Rexrodt Führungsschwäche und Feigheit vorgeworfen wird. Im Hintergrund steht, wie eh und je, der Streit um Programm und Personen.

Und dann ist da noch die Kür der Kandidaten fürs Abgeordnetenhaus. Ein heikles Thema, denn der Einfluss des Landesverbandes ist gering. Bei der FDP gibt es keine Landesliste, die Bezirksfürsten reiben sich die Hände. Auf Rexrodt warten einige alte Bekannte.

Einer dieser alten Bekannten heißt Wolfgang Mleczkowski. Als die FDP noch im Parlament war, galt er als Quertreiber gegen die sozialliberale Fraktionsvorsitzende Carola von Braun. Mleczkowski hatte sich in Spandau eine Hausmacht aufgebaut und um sich herum Nationalliberale wie den früheren Generalbundesanwalt Alexander von Stahl geschart. Von hier gingen die Flügelkämpfe aus, die später die Partei an den Rand der Spaltung brachten. Die rechten Liberalen blieben zwar in der Minderheit und zogen sich zurück, aber mit ihnen verschwand auch die Innen- und Rechtspolitik aus dem Bewusstsein der Berliner FDP. Nun hat Mleczkowski, in Spandau noch immer stark, die Aussicht auf eine zweite Parlamentskarriere. Er wird sie nutzen wollen.

Auch Axel Hahn rechnet sich gute Chancen aus. Der frühere Abgeordnete hatte mit Unterstützung der Rechten vor Jahren als Vorsitzender kandidiert, kurioserweise mit der Ankündigung, er strebe eine Koalition mit der SPD an. Hahn scheiterte. Jetzt will er zurück ins Parlament. Möglicherweise gibt es dort auch ein Wiedersehen mit Axel Kammholz, dem letzten Fraktionschef.

Ein altgedienter Liberaler aber wird mit Sicherheit nicht dabei sein: Jörg Schlegel, zwischen 1975 und 1981 Staatssekretär beim Senator für Wirtschaft und Verkehr. Nach 33 Jahren Mitgliedschaft verließ er jetzt die Liberalen. "Viele Irrungen und Wirrungen" habe er in der vergangenen Zeit ertragen, schreibt Schlegel in seinem Kündigungsbrief an Rexrodt, "die gemeinsame Aktion von FDP und PDS für die Herbeiführung der Wahlen übersteigt jedoch für mich das erträgliche Maß". Besonders die "demonstrative Ablichtung" von Rexrodt mit Gysi sei "nicht akzeptabel".

Noch versucht die Parteiführung, Leute wie Schlegel als einzelne Störer abzutun. Doch das Unbehagen in den bürgerlichen Kreisen über Rexrodts Intermezzo mit Gysi ist groß. Die CDU hofft: groß genug, um die Liberalen unter fünf Prozent zu halten.

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