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Berlin: Fe Reichelt: Sie lebt wieder in Berlin - Auch mit 75 tanzt sie weiter

Nur ein paar Schritte vom Nollendorfplatz entfernt lebt die Choreographin und Tanztherapeutin Fe Reichelt. Vor einem halben Jahrhundert war sie in Berlin Meisterschülerin bei Mary Wigman, der Grande Dame des deutschen Ausdruckstanzes.

Nur ein paar Schritte vom Nollendorfplatz entfernt lebt die Choreographin und Tanztherapeutin Fe Reichelt. Vor einem halben Jahrhundert war sie in Berlin Meisterschülerin bei Mary Wigman, der Grande Dame des deutschen Ausdruckstanzes. Die schlanke Frau mit lockigen Haaren und lebhaften Augen ist erst vor zwei Jahren wieder nach Berlin gezogen. Jetzt feierte sie ihren 75. Geburtstag: "Ich habe mich in Berlin immer wohl gefühlt und es war Zeit für einen Wechsel", sagt sie.

Sie ist 1925 in Peking geboren, wo sie die ersten elf Jahre ihres Lebens verbrachte. "Wir lebten im chinesischen Wohnviertel von Peking. Mein Vater hat als Arzt gearbeitet. Meine Eltern waren sehr offen für die chinesische Lebensweise", erzählt Fe Reichelt. Ihr Patenonkel war Richard Wilhelm, der Übersetzer und Kommentator des "I Ging - Das Buch der Wandlungen", das heute in fast jedem Buchladen zu finden ist. Diese Einflüsse haben sie stark geprägt.

Tanz und Bewegung wurden die zentralen Themen ihres Lebens. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg kam Fe Reichelt, die gerade eine Ballettausbildung absolviert hatte, mit Mary Wigman in Kontakt. Sie war begeistert: "Ich habe alles verlassen und bin einfach nach Berlin gefahren. Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, dass ich kein Geld hatte und kein Stipendium." Sie sprach bei Mary Wigman vor und wurde in ihrer Schule aufgenommen, wo sie von 1949 bis 1952 blieb. Danach widmete sich Fe Reichelt nicht etwa dem Ausdruckstanz, sondern ging mit dem Zirkus Knie in die Schweiz.

Doch auch die Zirkuskuppel hielt sie nicht lange. Mit ihrem ersten Ehemann zieht sie nach Halle in die damalige DDR. Dort hatte sie keine Auftrittsmöglichkeiten und drehte statt dessen gemeinsam mit ihrem Mann einige experimentelle Kurzfilme. Erst Jahre später, als sie bereits drei Kinder geboren hatte, fing sie wieder an, Tanzkurse zu geben. "Ich hatte erst Angst und dachte, dass ich nichts mehr könnte. Aber dann merkte ich zu meiner Überraschung, dass ich gereifter und klarer im Tanzen und Unterrichten geworden war."

In Frankfurt am Main ließ sie sich 1978 nieder und gründete dort eine Tanz- und Theaterwerkstatt. Neben der tänzerischen und künstlerischen Arbeit studierte sie Pädagogik und entwickelte einen eigenen Ansatz der Tanztherapie, den "Atemkreis". Die zentrale Rolle bei der Gestaltung von Bewegung hat ihrem Meinung nach die Atmung. Aus Elementen des Ausdruckstanzes und der chinesischen Atemtechniken hat sie spezielle Körperübungen entwickelt. Ziel ihrer Arbeit ist es, dass den Menschen destruktiven Impulse bewusst werden und sie ihre lebensbejahenden Energien stärken.

Auch mit 75 Jahren gibt sie nach wie vor Kurse für Ausdruckstanz und Tanztherapie. Manchmal ist Fe Reichelt selbst erstaunt, dass sie körperlich noch so fit ist. Zur Zeit nimmt sie das Tanzstück "Und fast haben sie gesungen" wieder auf und studiert es mit Tänzern neu ein. Ein eigener Tanzabend ist auch in Vorbereitung und abends schreibt sie an einem Buch über Tanztherapie - das Vierte aus ihrer Feder. "Solange es geht, werde ich gestalten und Themen entwickeln", sagt Fe Reichelt zufrieden.

Regina Köthe

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