zum Hauptinhalt
Thilo Sarrazin, hier bei der Vorstellung seines Buches "Der neue Tugendterror", hat ein Ferienhaus auf Usedom, das nicht jedem gefällt.

© dpa

Ferienhaus auf Usedom: Thilo Sarrazin sitzt im Glashaus

Der streitbare Ex-Senator und Buchautor Thilo Sarrazin hat auf Usedom ein Ferienhaus gebaut - mit einer breiten Fensterfront. Aber nicht jedem dort gefällt die Fassade.

Die Gemeinde Stolpe auf Usedom ist eigentlich ein beschauliches Örtchen, in das man sich gerne zurückziehen kann. In sicherem Abstand zu den trubeligen Seebädern Heringsdorf oder Ahlbeck. Und wer das richtige Grundstück erworben hat, kann einen phantastischen Blick auf das Haff genießen. So wie Thilo Sarrazin. Der streitbare und umstrittene ehemalige Berliner Finanzsenator, der nach seinem Ausstieg aus der Politik mit seinem Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ Furore gemacht hat, hat dort vor einigen Jahren ein Grundstück erworben und ein stattliches Ferienhaus gebaut. Nicht im ortsüblichen Stil mit kleinen Fenstern, sondern mit einer großen Glasfassade – so dass man sich im Haus mitten in der Landschaft fühlen kann.

Und das ruft jetzt den Bürgermeister der Gemeinde auf den Plan. Gegenüber der „Ostsee-Zeitung“ kritisiert Eckhard Schulz, dass Sarrazins Bau sich nicht an die Gestaltungssatzung des Ortes hält. Und ärgert sich über den Landkreis, der die Baugenehmigung erteilt hat. „Warum entscheidet der Landkreis über unsere Köpfe hinweg? Und wieso werden unsere Gestaltungsrichtlinien missachtet“, zitiert ihn die Zeitung.

Die Kreisverwaltung ist sich keines Versäumnisses bewusst

Aber die Verwaltung im Landkreis Vorpommern-Greifswald ist sich keines Versäumnisses bewusst. Das sei ein ganz normaler Vorgang, dass der Kreis die Baugenehmigung im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt, sagt Sprecher Achim Froitzheim und schiebt gleich hinterher: „Einen Promibonus gibt es nicht.“ Aber wenn das Bauvorhaben nicht der Gestaltungssatzung des Ortes entspricht, dann prüfe die Bauabteilung des Kreises in einer Einzelfallentscheidung, ob es realisiert werden kann oder nicht. Dabei müsse die Gemeinde nicht einbezogen werden. Und in diesem Fall sei die Behörde zu der Auffassung gelangt, dass das Haus, bei dem die großen Glasflächen integraler Bestandteil des Konzepts sei, so gebaut werden könne. Weder Sarrazin noch der Bürgermeister Schulz waren am Donnerstag für eine Stellungnahme zu erreichen.

Im vergangenen Jahr ärgerten sich Nachbarn über das Abtragen von Sandbergen

Es ist aber nicht das erste Mal, dass der Grundstücks- und Hauseigentümer Sarrazin in Stolpe Unmut hervorruft. Im vergangenen Jahr waren einige Stolper höchst irritiert, als auf dem großen Grundstück auf einmal Bagger dabei waren, das Grundstück zu begradigen; also Hügel platt gemacht wurden und Senken zugeschüttet. Das führte dazu, dass zwischenzeitlich an anderer Stelle Sandberge aufgeschüttet wurden. Bürgermeister Schulz war seinerzeit selbst mit dem Zollstock unterwegs, um die Höhe des Hügels zu vermessen. Und da Sarrazins Grundstück am Rande eines Landschaftsschutzgebiets liegt, leitete der Landkreis damals ein Bußgeldverfahren ein, da Sarrazin es versäumt hatte, eine Ausnahmegenehmigung für die Grundstücksgestaltung einzuholen. Aber hoch hängen wollte das Ganze die Verwaltung nicht: „Insgesamt hat die Sache den Stellenwert eines Schönheitsfehlers, aber bei Weitem nicht die Substanz eines Umweltskandals.“

Sarrazin ist nicht der einzige Politiker, der das beschauliche, kleine Stolpe schätzt. Auch der Grünen-Politiker Wolfgang Wieland, ehemaliger Berliner Justizsenator und langjähriger Bundestagsabgeordneter, erholt sich dort gerne und gehört zu seinen Nachbarn. Für Wieland besitzt Sarrazins Haus eine japanische Anmutung: „Viel Glas, viel weiße Fläche.“ Während der Bauarbeiten am Feriendomizil traf er Sarrazin, der dort vorher schon in bescheideneren Räumlichkeiten urlaubte, einmal an der Baugrube. Man kam ins Reden; und Sarrazin erzählte dem Grünen von seinen Hausplänen: „Das Ferienhaus muss mit den Finanzen des Eigentümers wachsen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false