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So sieht die Unzufriedenheit mit den Ferienwohnungen in Pankow aus.

© dpa

Ferienwohnungen: Ärger mit den Kurzzeitnachbarn

Die Umwandlung von Miet- in Ferienwohnungen soll verboten werden. So hat es der Senat beschlossen. Doch die Anbieter von Ferienwohnungen lassen sich davon nicht abschrecken.

„Künstlerwohnung im Wrangelkiez“, hell und modern möbliert, Appartements „nahe dem Brandenburger Tor“ oder eine „Studio-Wohnung“ im „typischen Berliner Altbau“, natürlich mitten im „Szeneviertel Prenzlauer Berg“. Eine kleine Auswahl aus dem Internet-Unterkunftsverzeichnis für Berlin-Besucher. In viele dieser zentral gelegenen Wohnungen würde man auch gerne als Berlin-Dauergast einziehen. Doch es sind Ferienwohnungen, gemacht für Touristen, die sich ein paar Tage wie echte Berliner fühlen möchten.
12 000 Ferienwohnungen soll es in Berlin geben, vielleicht sind es aber auch viel mehr oder viel weniger. Die Zahlenangaben schwanken stark. Das Vermieten auf Tagesbasis ist ein einfaches wie einträgliches Geschäft, zu Lasten der Wohnungssuchenden, argumentieren viele Politiker von SPD, Linken und Grünen. Damit soll jetzt Schluss sein, hat der Senat beschlossen. Die „Zweckentfremdungsverbotsverordnung“ befindet sich im senatsinternen Abstimmungsprozess, und der Bezirk Pankow hat schon mal ein Verbot von Ferienwohnungen in Milieuschutzgebieten verabschiedet.
Und nun? Wird jetzt ein ganzes Gewerbe zerschlagen? Gehen die Vermieter von Ferienwohnungen auf die Barrikaden? Werden Leute denunziert, die ihre Wohnung an Freunde untervermieten?
Pankows Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) spricht von einer „schwierigen Gemengelage“. Es werde ja auch an Geschäftsleute, Bauarbeiter oder Verwandte temporär vermietet. Das Verbot ziele nicht auf eine „gelegentliche Untervermietung“, sondern auf das „gewerbeähnliche“ oder gewerbsmäßige Anbieten von Wohnungen als Feriendomizil. Seine Verwaltung sei dabei, die Anwendung des Verbots in einigen beispielhaften Fällen mal zu testen. Inklusive juristischer Auseinandersetzungen. Danach wisse man mehr. Ermittlungsquelle für seine Mitarbeiter seien natürlich die Angebote von Ferienwohnungen im Internet.

Der Senat plant, den betroffenen Innenstadtbezirken zusätzliches Personal zu gewähren, um eine Verbotsverordnung zu kontrollieren. Bezahlt werden könnten die Ordnungshüter durch die einzutreibenden Bußgelder. IHK und der Verband der Wohnungsunternehmen (BBU) halten den Kontrollaufwand aber für unangemessen hoch. Wichtiger sei, zusätzliches Personal in die Genehmigung von Bauanträgen zu investieren. Die Anbieter von Ferienwohnungen zeigen bisher keine Einsicht in ihr angebliches Fehlverhalten. „Was ist denn an der Vermietung meiner Ferienwohnung bitte illegal? Sie ist mit versteuertem Geld gekauft, ich versteuere die Einnahmen, und der Bundesgerichtshof sagt, dass eine Vermietung als Ferienwohnung erlaubt ist“, kommentiert ein Leser auf tagesspiegel.de. Ein anderer spricht von „Bevormundungsorgien grüner und roter Politiker“. Stadtrat Kirchner hält dagegen: „Gemeinwohl geht vor Einzelinteressen. Wenn ich drei- oder viermal so viel Geld durch kurzfristige Vermietungen verdienen kann und dabei Wohnraum entziehe, hat der Staat das Recht einzugreifen.“

Kreuzberg geht juristisch gegen Ferienwohnungen vor - mit mäßigem Erfolg

So sieht die Unzufriedenheit mit den Ferienwohnungen in Pankow aus.
So sieht die Unzufriedenheit mit den Ferienwohnungen in Pankow aus.

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Das nährt die These, mit Ferienwohnungen könne man sich eine goldene Nase verdienen. Die Profis unter den Anbietern weisen das zurück. Rita Kegler vermietet rund 11 Gästewohnungen im Bötzowviertel in Prenzlauer Berg. Bei 70 Euro pro Nacht und zwei Personen kommt bei einem 32-Quadratmeter-Appartement zwar eine stolze Monatsmiete zusammen, aber die Auslastung liegt nicht bei 100 Prozent, und die Nebenkosten wie für Putzen, Instandhaltung, Handtücher und Bettwäsche summieren sich ebenfalls. „Die Gäste sind sehr kritisch.“ Und manchmal auch zerstörerisch. „Jugendliche haben mir eine Wohnung völlig verwüstet, an Wände uriniert und Polster aufgeschlitzt.“ Vom Pankower Verbot sieht sich Kegler nicht betroffen. Ein Jurist habe sie beraten. Außerdem gebe es Bestandsschutz. Und expandieren möchte sie derzeit nicht. Auch der Mieterverein bezweifelt, dass das Verbot juristisch standhält. Oliver Fuchs aus Kreuzberg hat Läden und Remisen zu Ferienwohnungen umgebaut. Er begrüßt eine Regulierung des Marktes, weil er die Kritik der normalen Mieter nachvollziehen kann. Ihn kann weder diese Kritik noch das Verbot treffen. „Ich habe nur Gewerberäume gemietet.“ Was an der Wilhelmstraße in Mitte passiert ist, die massenhafte Umwandlung von Miet- in Ferienwohnungen, lehnt Fuchs ab. Dort werden rund 250 von 930 Wohnungen an Gäste vermietet. Der Bezirk geht gegen den Vermieter juristisch vor, bislang mit mäßigem Erfolg. Stadtrat Carsten Spallek (CDU) versuchte, die Häuser mit Ferienwohnungen als „Beherbergungsbetrieb“ einstufen zu lassen – das hätte erhebliche Brandschutzauflagen zur Folge. Doch das Gericht sah dafür keine ausreichenden Belege. Jetzt fordert Spallek vom Eigentümer die Herausgabe von Vermietungslisten – auch darüber gibt es juristischen Streit.

Jürgen Mickley von der Bürgerinitiative Wilhelmstraße sieht in der Nutzung als Gästeunterkünfte nur eine langfristige Strategie, um die fünf Wohnblöcke zu entmieten und langfristig abzureißen. Mit dem ersten Block gegenüber der Britischen Botschaft wird das gerade versucht. Eine Abrissgenehmigung liegt vor. Von 100 Wohnungen seien nur 44 ständig bewohnt, sagt Mickley. Sie haben alte Verträge, die sie gegen Luxussanierungen schützt. Ausziehen müssen sie nicht, aber wie lange sie den „Touristenterror“ (Mickley) aushalten, weiß niemand.

Marcus Buthmann vermietet unter anderem Erdgeschosswohnungen in Prenzlauer Berg an Touristen. „Die Wohnungen waren vor vier Jahren nicht vermittelbar.“ Jetzt würden sie wahrscheinlich einen Dauermieter finden, aber soll Buthmann dafür sein Gewerbe aufgeben? „Ich bin auf die Erträge angewiesen.“ Buthmann findet, Leute wie er würden zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Warum regt sich keiner über immer mehr Hotels auf?“ Viele Gäste würden vielleicht gar nicht kommen, gäbe es keine Ferienwohnungen. „Der Kiez profitiert von den Leuten. Die gehen essen und kaufen ein.“ Buthmann überlegt, eine Unterschriftenaktion für den Erhalt der Ferienwohnungen zu starten.

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