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Großer Vogel - tolle Erinnerung. Der viermotorige Rosinenbomber der Stiftung Deutsches Technikmuseum war eine beliebte Porträt-Kulisse.

© Christoph Stollowsky

Fest der Luftbrücke in Berlin-Tempelhof: "Endlich wieder Apfelsinen"

Erinnerungsparcours für die Hilfsaktion: Zehntausende feierten am Sonntag beim "Fest der Luftbrücke" am Flughafen Tempelhof das Blockade-Ende vor 70 Jahren.

Dackel „Douglas Dakota“ ist längst im Hundehimmel, aber am Sonntag hatte er beim „Fest der Luftbrücke“ im Hangar 5 des Tempelhofer Flughafengebäudes nochmal einen großen Auftritt. Auf einer Infowand des Militärhistorischen Museums Gatow hockte er in Porträtpose, es ist ein Foto von 1949, als er sein Frauchen Phyllis M. Parsons, leitende Offizierin der britischen Women’s Royal Airforce, beim Einsatz für die Luftbrücke ab und zu begleiten durfte. Derart mit der Hilfsaktion verbandelt, avancierte der Dackel zum Maskottchen: Das Gatower Air-Force-Team taufte ihn damals auf den Namen des Rosinenbombers C-47 Douglas Dakota.

Der einstige Flugplatz der Briten im Spandauer Ortsteil Gatow war neben Tempelhof das zweite wichtige Anflugsziel der Westalliierten während der Luftbrücke vom 24. Juni 1948 bis zum 12. Mai 1949. Klar, dass auch ein Team des heutigen Militärhistorischen Museums Gatow beim „Fest der Luftbrücke“ für seine Ausstellung auf dem früheren Royal Airforce-Gelände warb.

Tausende im Anmarsch. Das "Fest der Luftbrücke" wurde am Sonntag regelrecht gestürmt.
Tausende im Anmarsch. Das "Fest der Luftbrücke" wurde am Sonntag regelrecht gestürmt.

© dpa, Bernd von Jutrczenka

Die Berliner kamen zu Zehntausenden

Vor 70 Jahren endete die Berlin-Blockade dank des anfangs für unmöglich gehaltenen Big Lifts. Das wurde auf dem Vorfeld der früheren Abfertigungshallen sowie in den Hangars gefeiert. Und die Berliner kamen zu Zehntausenden, gedrängelt wanderten sie am Tempelhofer Damm entlang zu den Festeingängen. Auch so viele Jahre nach dem Kraftakt der Westalliierten übt dieses Kapitel Berlin-Geschichte weiterhin eine große Faszination aus.

Und es sind ja oft die kleinen Dinge, an die man sich besonders lebhaft erinnert. Zum Beispiel an die geteilten „Brezelfenster“ am Heck des einstigen VW-Käfers. Zwei dieser Oldtimer stehen vor den Hangars. „Weeste noch?“ fragt ein älterer Herr seine Frau. „Det war unser erstes Auto. War’s Benzin alle, ham wir den Ersatztank uffjedreht.“ Mit den ausgestellten Käfern fuhr die Berliner Polizei allerdings in den späten 40ern Streife, dafür hatten Rosinenbombern die VW’s extra aus Westdeutschland eingeflogen.

Brezelkäfer - per Big Lift damals in einer DC3 für die West-Berliner Polizei in die blockierte Stadt gebracht. Sie dienten damals als Streifenwagen.
Brezelkäfer - per Big Lift damals in einer DC3 für die West-Berliner Polizei in die blockierte Stadt gebracht. Sie dienten damals als Streifenwagen.

© Christoph Stollowsky

Nächste Station des Erinnerungsparcours: Ein Stapel „Care-Kisten“. Die Holzbehälter enthielten fast alles, was private Haushalte in Krisenzeiten brauchen. „Täglich wurden mehr als 1000 Pakete mit Lebensmitteln eingeflogen“ verkündet Infotafel. „Care“ war damals die größte private Hilfsorganisation. Sie ist bis heute in Flüchtlings- und Katastrophengebieten im Einsatz.

540.000 Tonnen Kohle kamen aus dem niedersächsischen Faßberg

„Helft den Frauen Berlins!“ verkündet die Schlagzeile eines Plakates von 1949. Der Frauenring Hameln ruft zu Spenden auf. Nebenan erzählt Fred-Oliver Ohm von der „Erinnerungsstätte Luftbrücke“ im niedersächsischen Faßberg begeistert, welche Leistung die Douglas-Maschinen ab Faßberg vollbrachten. Dort wurde die gesamte Kohle für West-Berlin verladen. „540 000 Tonnen transportierten die Maschinen insgesamt durch die Luft.“

Schlangen bilden sich vor der Diaschau mit Luftbrückenfotos. Ein Bild zeigt tausende Berliner vorm Rathaus Schöneberg. Sie feiern das Ende der Blockade. Dann ist ein Obstladen zu sehen. „Endlich wieder Apfelsinen!“ steht auf einer Tafel. Solche und viele andere Erinnerungen an die West-Berliner Zeit will das Alliiertenmuseum künftig in Hangar 7 in Tempelhof zeigen. Der Umzug vom jetzigen Standort an der Zehlendorfer Clayallee ist noch nicht entschieden, hat aber viele Fürsprecher.

"Aus Feinden werden Freunde" wirbt das Alliiertenmuseum

Natürlich ist auch das Museum am Sonntag präsent, so mit einem alten Rias-Radiowagen. Und Museumschef Jürgen Lillteicher gerät ins Schwärmen. Die Luftbrücke symbolisiere ja „ein internationales Zusammenwirken, das Demokratie sichert“, sagt er. „Aus Feinden werden Freunde. Das ist auch die Message unserer Ausstellung.“ Deshalb passe diese „prima zu Tempelhof“. Zugleich begrüßt er ähnliche Pläne des Deutschen Technikmuseums. Das will im Hangar 6 künftig Flugzeuge zeigen, die mangels Platz noch im Fundus gelagert sind. Am Sonntag wirbt es dafür mit großem Gerät: Am Vorfeld präsentiert es einen Silbervogel, den DC3 Troup Carrier.

Wie man beim Projekt mitmachen kann

Die sechs Geschichten hat das Team des Projekts Field Trip recherchiert. In Archiven wurde mühevoll nach Material und Informationen über Personen gesucht, die ehemalige Zwangsarbeiterin (ganz links) etwa wurde eigens nach Berlin eingeladen. Inzwischen haben an Field Trip mehr als 20 Personen mitgearbeitet, viele ehrenamtlich. Unterstützer, darunter die Stiftung Luftbrückendank und das Medieninnovationszentrum Babelsberg haben das Projekt gefördert. Um weitere Filme zu finanzieren, wird auf Startnext.com um Spenden gebeten. Bei Field Trip kann jeder mitmachen: Einfach 030-54907590 anrufen und die eigene Geschichte auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Die interessantesten Beiträge werden veröffentlicht. Alle Filme finden Sie auf fieldtrip.tagesspiegel.de.

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