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Schön gemütlich. Am eigenen Klavier performt die Sängerin „Maitri“ am liebsten.

© promo

Festival "Cosy Concerts": Das Konzert im Wohnzimmer

Das Festival „Cosy Concerts“ bringt die Gäste direkt zu den Musikern nach Hause. Jeder darf mitmachen – solange die Nachbarn nicht belästigt werden.

Viola Bornmann erinnert sich noch genau, wie sie sich bei ihrem ersten Auftritt gefühlt hat. Es war bei ihr zu Hause. Die Zuschauer kamen ihr, die sich als Sängerin „Maitri“ nennt, so nah wie nie. Sie musste nur einen Blick über die Schulter werfen und blickte bereits in erwartungsvolle Augen, die auf sie und ihr Klavier gerichtet waren. „Jede Ansage wird da automatisch zu einem Gespräch“, sagt die Pop-Pianistin. Natürlich sei sie aufgeregt gewesen, doch: „Man teilt diese Aufregung mit dem Publikum.“ Dieses gemeinsame Erleben mache ein Wohnzimmerkonzert für den Künstler zu etwas ganz Besonderem. „Danach war ich sehr euphorisch“, erinnert sie sich.

Aus der Idee des Konzerts im eigenen Wohnzimmer ist inzwischen ein ganzes Festival entstanden. „Cosy Concerts“ nennen das Viola Bornmann und ihr alter Schulfreund Lorenz Pöllmann, gemütliche, behagliche Konzerte, die an diesem Wochenende bereits zum dritten Mal stattfinden.

Bornmann und Pöllmann sind nicht die Einzigen, die Bands in privaten Wohnzimmern auftreten lassen, inzwischen gibt es einige solcher Konzertreihen. Trotzdem erleben die Macher aus Berlin immer wieder, dass die Musiker skeptisch sind. Schließlich sind sie in der Regel auch die Gastgeber. Da muss das inzwischen sechsköpfige Festival-Team manchmal noch Überzeugungsarbeit leisten. Auch das Publikum wisse anfangs oft nicht, wie es sich in dem ungewohnten Ambiente, halb öffentlich halb privat, verhalten soll.

Konzertstimmung im Wohnzimmer.
Konzertstimmung im Wohnzimmer.

© promo

Aber darin liegt ja gerade der Reiz. Die Macher der Cosy Concerts wollen die Tradition der musikalischen Salons wiederbeleben, erklärt Mitbegründer Pöllmann, der eine klassische Musikausbildung genossen hat. Er selbst sei mit Hauskonzerten groß geworden. Die Cosy Concerts bewegen sich aber zunehmend weg von der Kammermusik. Meist sind es Liedermacher, Jazz- und Akustik-Ensembles, die auf dem Festival auftreten. Eigentlich sind der musikalischen Vielfalt keine Grenzen gesetzt, nur eine Bedingung muss erfüllt sein: Die Musik muss wohnzimmertauglich sein – cosy eben. Deswegen gab es bisher auch noch keine Probleme mit den Nachbarn. „Wir machen uns jedes Jahr aufs Neue einen Kopf, aber es gab nie Probleme“, sagt Pöllmann. Man hält sich an die Regeln: Um 22 Uhr ist spätestens Ruhe.

Die Auswahl trifft das sechsköpfige Team gemeinsam. „Wir sind hier sehr demokratisch organisiert“, sagt Festivalleiter Pöllmann. Seine ehrenamtlichen Mitstreiter fand er im Studiengang für Kulturmanagement an der Viadrina in Frankfurt (Oder), wo er bis vor kurzem noch als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Das Programm in diesem Jahr bezeichnet Pöllmann als innovativ und zitiert eine Bloggerin, die den „Großstadtgroove“ herausgehört haben will. Mit Bands wie The Mouse Folk mischen sich zunehmend auch elektronische Klänge in das Festival.

Musik im Wohnzimmermittelpunkt.

Selbst die Toten Hosen gaben 2012 ein Wohnzimmerkonzert.
Selbst die Toten Hosen gaben 2012 ein Wohnzimmerkonzert.

© promo

Die Musik steht im Mittelpunkt, alle Einnahmen gehen nach Aussage der Veranstalter direkt an die Musiker. Von einer Handvoll Sponsoren hat das Team zudem Sachspenden eingesammelt, dank denen sich die Festivalgäste auf Freigetränke freuen können. Um die übrigen Kosten zu decken, etwa für den Druck von Postern und Flyern oder die Homepage, lud das Team vergangene Woche zum „Cosy Dinner“ ein. Freunde und Förderer des Festivals zahlten für ein Drei-Gänge-Menü – natürlich in einer Privatwohnung. Die Idee dafür haben sie sich aus der Kunstwelt abgeschaut, verrät die diesjährige Gastgeberin Clara Herrmann: „Es ist das optimale Mittel, um Werbung zu machen und gleichzeitig Geld einzusammeln.“

Den ganzen Tag standen sie und Mitorganisatorin Constanze Jürgens in der Küche, um ihren zehn Gästen am Abend ein Menü aus arabisch angehauchter Süßkartoffelsuppe, Coq au vin und Cheesecake zu servieren. Kerzenschein, Gläserklirren und Gelächter dringen an diesem Abend eine Woche vor dem Festival aus dem WG-Zimmer in Neukölln. Sogar beim Fundraising geht es gemütlich zu.

Der kleine Rahmen hat für das Festival nur einen großen Nachteil: Nur wenige Besucher bekommen Tickets. Das kleinste Konzert im Heim der Songwriterin Josephine Stalter bietet Platz für gerade mal zehn Personen. Zum größten Konzert können bis zu 40 Zuschauer kommen. Dementsprechend schnell war das Festival ausverkauft, sagt Pöllmann. Damit die Konzerte aber nicht „aus Versehen“ zu einer elitären Veranstaltung werden, gibt es am Sonntag ein großes Abschlusskonzert im Kellerclub „Zur Möbelfabrik“. Und da darf es bei drei Bands (The Mouse Folk, Jako und Thabo Getsome) und einer After-Show-Party dann ruhig auch mal länger gehen.

„Cosy Concerts“, 12.–14. April in verschiedenen Wohnzimmern der Stadt, ausverkauft. Abschlusskonzert am Sonntag mit Party im Kellerclub „Zur Möbelfabrik“, Brunnenstraße 10, Mitte. Eintritt: 8 Euro, bzw. 4 Euro ab 22 Uhr. Wir verlosen 2x2 Tickets, Email mit Stichwort: Cosy Concerts an: Stadtleben@tagesspiegel.de

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