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Festnahme: Kreuzberger Bombendroher gefasst

Ein 49-Jähriger hat die Berliner Polizei stundenlang in Atem gehalten. Der Mann hatte am Telefon gedroht, sich in die Luft zu sprengen, falls seine Wohnung in Kreuzberg zwangsgeräumt wird.

Berlin - Der Mann wurde am frühen Nachmittag am Eingang zum nicht weit entfernten Volkspark Hasenheide von Zivilfahndern festgenommen. Der Mann hatte eine Spielzeugpistole bei sich. Er war nach Polizeiangaben betrunken, so dass er zunächst nicht vernommen werden konnte. Er wurde zur Ausnüchterung in Polizeigewahrsam gebracht.

Als Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) zuvor nach zweistündiger Belagerung die Wohnung des Mannes in der Manteuffelstraße 7 gestürmt hatten, hatten sie nur eine Vielzahl von Sprengkörper-Attrappen gefunden. Vermutlich war der Mann nach seinem Drohanruf bei der Polizei von der Telefonzelle gar nicht mehr in seine Wohnung zurückgekehrt.

Es ist wie im Thriller: Kurz nach 11.00 schießen SEK-Männer zwei Blendgranaten in die Wohnung und dringen vom Hof des Miethauses her ein. Derweil sichern vermummte Beamte von der Straße aus. Vier von ihnen stehen auf einem Kleinbus an der Hausfassade und schlagen mit Stemmeisen die Fenster der Wohnung im Hochparterre ein. Danach richten sie ihre Waffen und Taschenlampen in das Zimmer. Das SEK geht aber zu diesem Zeitpunkt schon davon aus, dass niemand in den Räumen ist. Diese waren vorher elektronisch ausgeleuchtet worden.

Die Wohnung sollte wegen Mietschulden eigentlich um 9.00 Uhr geräumt werden. Der Mann, den Nachbarn als unauffälligen Alkoholiker beschreiben, hatte aber bei dem Anruf am Morgen gedroht, er habe Granaten und eine Tellermine.

Sicherheitskräfte sperrten daraufhin das fünfgeschossige Wohnhaus weiträumig ab. Auch sechs Wohnhäuser in der Nachbarschaft mit rund 100 Bewohnern sowie zwei Grundschulen und eine Kindertagesstätte mit insgesamt knapp 450 Kindern wurden nach Polizeiangaben evakuiert. Gut 80 Polizisten waren im Einsatz. «Das war ein schreckliches Gefühl, hier wohnen sehr viele Kinder», schimpft eine junge Frau, die im Haus gegenüber wohnt. Der Mann sei oft angetrunken gewesen und habe Passanten angepöbelt.

Eine Nachbarin bezeichnet den 49-Jährigen dagegen als eher ruhig. An Granaten in seiner Wohnung habe sie nicht geglaubt. «Wo soll denn der die Bomben herhaben», sagt die 45-Jährige. Vermutlich sitze ihr Nachbar beim Bier in einer Gaststätte. In seiner Stammkneipe an der Ecke ist er definitiv nicht. «Gestern war er noch hier. Am Nachmittag wollte er mit meiner Frau noch einmal seinen Hartz-IV-Antrag durchgehen, ist aber nicht gekommen», sagt der Wirt. «Er war Stammgast, trank ein paar Bier, auch mal einen Weinbrand.»

Tobias, ein 25-jähriger Student, der in der Wohnung direkt über dem 49-Jährigen lebt, ist sichtlich nachdenklich. Der Mann sei nett, habe ihm einmal bereitwillig geholfen, Umzugskisten zu schleppen. In der letzten Zeit habe er sich aber immer mehr zurückgezogen und in seiner Wohnung regelrecht verbunkert. «Er ist kein Idiot, sondern sehr belesen. Wir haben mehrmals Bücher ausgetauscht», meint der Student. «Ich glaube, diese Aktion war ein Aufschrei. Er wollte auf seine schwierige persönliche Lage aufmerksam machen.»

Ein 38-jähriger Anwohner verhehlt seine Furcht nicht. «Zu wissen, dass solche Typen hier wohnen, ist sehr beunruhigend. Diesmal hat er noch einen Scherz gemacht, vielleicht macht er ja beim nächsten Mal ernst.» Für den Bombendroher könnte seine Tat sogar glimpflich ausgehen: Sollte er tatsächlich nur Attrappen in seiner Wohnung deponiert haben, würde er lediglich für die Androhung einer Straftat belangt. (Von Thomas Kunze und Harald Rohde, dpa)

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