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Berlin: Feuerwehr muss minutengenau abrechnen

Gericht: Gebührenordnung in Teilen nichtig Bescheide zur Eisbeseitigung werden neu geprüft

Von Fatina Keilani

Die Feuerwehr muss ihre Einsätze minutengenau abrechnen. Ihre bisherige Gebührenordnung ist in Teilen nichtig, weil dort Pauschalen etwa für An- und Abfahrt vorgesehen sind. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) am Donnerstag entschieden. Geklagt hatten zwei Autobesitzer, denen die Feuerwehr im Straßenverkehr geholfen hatte und die sich gegen die Gebührenbescheide wehrten. Mit Recht, hatte schon die erste Instanz befunden. Weil die Richter schon damals erkannten, dass gegen die Feuerwehrbenutzungsgebührenordnung grundsätzliche juristische Bedenken bestehen, die über die beiden Einzelfälle hinausweisen, ließen sie in ihrem Urteil vom November 2009 die Berufung zu. Das Land Berlin machte von dem Rechtsmittel Gebrauch und verlor nun. Das Urteil des ersten OVG-Senats könnte sich auch für andere Berliner auswirken – zum Beispiel jene, die sich von der Feuerwehr bei der Eisbeseitigung helfen ließen.

In dem einen jetzt entschiedenen Fall war der Wagen des Klägers ins Gleisbett der Straßenbahn geraten; die Feuerwehr zog ihn raus. Sie berechnete für den Einsatz mit zwei Wagen, der inklusive An- und Abfahrt 28 Minuten dauerte, eine ganze Stunde: 736 Euro. Im zweiten Fall war der Wagen des Klägers Carsten K. beim Linksabbiegen mit einem Motorrad zusammengeprallt. Die Feuerwehr kam mit sechs Mann und einem Löschhilfefahrzeug und schob das Auto an den Straßenrand. Der Einsatz dauerte 34 Minuten und sollte 365 Euro kosten.

Im zweiten Fall hatten die Verwaltungsrichter den ganzen Feuerwehreinsatz als unnötig eingestuft, da der Wagen fahrtüchtig war; das sahen die Kollegen beim Oberverwaltungsgericht allerdings anders. Maßgebend sei die sogenannte „Ex-ante-Betrachtung“, also wie sich die Lage im Vorhinein darstellt, so der Vorsitzende Richter Boris Wolnicki. Die Feuerwehr könne an Gerät und Personen einsetzen, was sie wolle, abrechnen dürfe sie laut Feuerwehrgesetz aber nur die wirklich entstandenen Kosten.

Bei der Feuerwehr ist ohnehin gerade eine neue Gebührenordnung in Arbeit. „Über den Zeitpunkt dieses Urteils sind wir ganz glücklich, denn so können wir es gleich einarbeiten“, sagte Feuerwehrjuristin Anja Waechter. Vom Inhalt zeigte sie sich weniger angetan: „Das bedeutet einen enormen Verwaltungsaufwand, also höhere Kosten an anderer Stelle, die auf den Bürger umgelegt werden.“

Die Innenverwaltung will die schriftlichen Urteilsgründe abwarten und dann Konsequenzen prüfen. Profitieren könnten jetzt all jene „Feuerwehrbenutzer“, die noch gar keinen Bescheid bekommen haben – das sind alleine 2600, die wie berichtet für Einsätze im vergangenen Winter noch zahlen müssen. Wer erst kürzlich seine Rechnung erhielt, kann durch Widerspruch erreichen, dass sie im Lichte des neuen Urteils geprüft wird.

Das Urteil kann einen Feuerwehreinsatz auch verteuern. Bisher wurde für An- und Abfahrt pauschal eine halbe Stunde gerechnet. Wenn nun jemand einen Unfall weiter entfernt hat und die Retter dorthin lange Zeit brauchen, so zahlt der Bürger bei minutengenauer Abrechnung dies – oder den Stau – mit. Fatina Keilani

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