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Berlin: Filmen und Feiern

Chefsache Kino: Dank gezielter Förderung entwickelte sich Berlin zur florierenden Medienmetropole

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Die Wende kam im Jahr der Fledermaus. Die Schockwellen, die der Fall der Mauer aussandte, sollten bald auch die gemütliche Welt des Kinopublikums durcheinanderwirbeln. Das stand damals ganz im Bann von Tim Burtons „Batman“, dem cineastischen Medienereignis des Jahres. Dazu gab es am 7. Oktober 1989 – jenseits der Mauer feierten sie rasch noch den 40. Jahrestag der DDR – im Tempodrom eine große Mottoparty. Mehr Glamour war in jenen Tagen nicht drin. Deutschland-, Europapremiere? Nicht in Berlin.

Das hat sich grundlegend geändert. Selbstverständlich wurde die Premiere von „Batman Begins“ im Sommer 2005 mit viel Starrummel nicht irgendwo, sondern am Potsdamer Platz gefeiert. Der Berlin-Besuch von Konkurrent „Spider-Man“ vor wenigen Tagen war der dritte seit 2002, und fragt man nach Premieren der nahen Zukunft, wird man rasch fündig. So will Bruce Willis am 18. Juni in Berlin beweisen, dass seinem John McClane das Sterben noch immer schwerfällt: „Live Free or Die Hard“. Zwar sind also die Berlinale und die Verleihung des Deutschen Filmpreises noch immer die unbestrittenen und besonders seit der Jahrtausendwende hochpolierten Fixsterne des hiesigen Filmwesens, doch nicht länger umgeben von einer glanz- und starlosen Wüstenei. Berlin – Deutschlands Premierenhauptstadt?

„Auf jeden Fall, wenngleich dicht gefolgt von München“, bestätigt Peter Schulze, bei Twentieth Century Fox in Berlin zuständig für Public Relations und Events. Gerade für die ausländischen Gäste sei Berlin als Hauptstadt attraktiv, gelte als „Stadt für alles Junge und Innovative“, in die sie gerne kommen, nicht zuletzt wegen ihres auch in Übersee bekannten Oberhaupts. „Kommt denn der Bürgermeister zur Premiere?“ – die Frage hat Schulze manches Mal gehört.

Darüber kann Senatssprecher Michael Donnermeyer nur lachen. „Wowereit hat wenig internationale Premieren ausgelassen. Er lässt sich darin auch nicht beeinflussen – selbst wenn er das Risiko fährt, als Regierender Partymeister durchzugehen.“ Der Starrummel der Festivals, Premieren und PR-Besuche ist nur die glamouröse Krönung des Aufstiegs, den die Filmstadt Berlin seit der Wende genommen hat. Immer öfter auch haben die Filme, die dabei gefeiert werden, Berliner und Brandenburger Wurzeln – sei es, dass sie hier produziert, gedreht, bearbeitet wurden oder zumindest hier spielen.

1700 Unternehmen der TV- und Filmwirtschaft mit 13 000 Beschäftigten und rund einer Milliarde Euro Umsatz gibt es in der Region. Das besagen die aktuellsten, wenngleich schon drei Jahre alten Zahlen des für die Förderung zuständigen Medienboards Berlin-Brandenburg. Die neuen, demnächst verfügbaren Daten dürften höher liegen. Man verweist auf das respektable Wachstum der Branche zwischen 2003 und 2004: 9,3 Prozent. Auch als Drehort wurde die Stadt immer attraktiver: Mehr als 300 Kinofilme pro Jahr, bilanziert das Medienboard. Dazu gehören dann die wochenlangen Dreharbeiten zu Kassenknüllern wie „Die Bourne-Verschwörung“ ebenso wie die zwei Drehtage zu „Mission: Impossible III“, für die nur das zweite Kamerateam eingeflogen wurde. Allein 124 Kinofilme in unterschiedlichen Stufen der Fertigstellung meldet der Produktionsspiegel der „Filmcommission“, einer beim Medienboard angesiedelte Anlaufstelle für Beratung und hilfesuchende Produktionsfirmen. Hinzu kommen Fernsehfilme und -serien, Animationsfilme, Werbung, Musikvideos und die an Bedeutung gewinnenden Computerspiele.

Attraktiv als Drehort war Berlin in den ersten Nachwendejahren vor allem als Ort der Geschichte, der mit dem Mauerfall weltweite Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Mittlerweile ist dieses mehr historisch geprägte Image abgelöst durch das der innovativen, weltoffenen Metropole – unverwechselbar im Flair und doch ohne weiteres fähig, im Film überzeugend London, Paris oder Moskau darzustellen.

Erleichtert wird den Produktionsfirmen die Entscheidung schon durch das Know-how, das in den drei großen Produktionsstätten der Region, dem Studio Babelsberg, dem Studio Berlin-Adlershof und dem der Berliner Union-Film, konzentriert ist. Und vor allem ist für die Landesregierung Medienpolitik Chefsache und in der Senatskanzlei sowie in der Wirtschaftsverwaltung angesiedelt. „Wir haben Film, Fernsehen, Internet und interaktive Games im Blick“, sagt Donnermeyer. Strategisch sei man in der Hauptstadtregion gut aufgestellt, wenngleich die Konkurrenz in den osteuropäischen Ländern größer geworden ist.

Eine erfolgreiche Politik, wie in der davon profitierenden Produzentenszene bestätigt wird, die vor gut zehn Jahren noch die mühselige Arbeit in Berlin beklagt hatte. So hat sich gerade die 2004 neu geschaffene Sonderbehörde Verkehrslenkung als hilfreich erwiesen, berichtet Karsten Aurich, Chef der Produktionsfirma Sabotage Films. Die Aktivitäten der Behörden bei Drehgenehmigungen seien dort zusammengefasst, das Personal sei „extrem versiert“ – wie er im Herbst als Herstellungsleiter von „Free Rainer“, einem Projekt der Kahuuna Films, feststellen durfte. Sonntägliche Sperrung der Leipziger Straße für eine Verfolgungsjagd mit Moritz Bleibtreu? Kein Problem.

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