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Reif für die Ferien. Regisseurin Bernadette Knoller (rechts) mit ihren Darstellern Detlev Buck und Britta Hammelstein.

©  Thilo Rückeis

Filmstadt Berlin: Leben in der Sackgasse

Die Regisseurin Bernadette Knoller stellt ihren Abschlussfilm „Ferien“ vor. In einer Nebenrolle spielt ihr Vater Detlev Buck mit.

Kommt schon mal vor, dass vor Borkum ein Wal strandet. Aber dass ihm dieses Missgeschick genau dann zustößt, wenn ein Filmteam mit dem Drehbucheintrag „Toter Wal am Strand“ hinter den Dünen auftaucht, nein, das kommt eigentlich nie vor. Und so mussten doch wieder die Kulissenbauer ran – oder wie immer man die Spezialisten für solch ausgefallene Bildideen nennt. Sieht aber ziemlich echt aus, ihr Wal.

Borkum, das ist doch schon recht weit weg von Babelsberg, jedenfalls für den Abschlussfilm einer Studentin der Filmuniversität Konrad Wolf. Sind aber nur wenige Szenen dort entstanden, die meisten vielmehr im brandenburgischen Ort Planebruch, Landkreis Potsdam-Mittelmark, wenige auch in Berlin. Auch Detlev Buck hat so mal angefangen, „Erst die Arbeit und dann!“ hieß sein Erstling, mit ihm selbst als Hauptdarsteller, 32 Jahre ist das her. Und nun ist seine Tochter Bernadette Knoller mit ihrem Debüt „Ferien“ dran, hat sich auf Drehbuch und Regie beschränkt, aber Papa musste auch ran, als Nebendarsteller. Eine ungewohnte Konstellation für ihn, er kannte das nur von einem Kollegen, wurde dabei Zeuge strenger Regieanweisungen an dessen Vater („Papa, nun stell dich doch nicht so an“), dachte sich nur: „Das könnte ich nie mit meinem Vater“. Aber so unbefangen und entspannt, wie Vater und Tochter, samt Hauptdarstellerin Britta Hammelstein, zum Interview ins Loft des Verleihs in der Schönhauser Allee gekommen, miteinander umgehen und wie sie sicher auch am Mittwochabend, bei der Premiere im Kino in der Kulturbrauerei, gemeinsam mit dem jungen Darsteller Jerome Hirthammer über den roten Teppich schreiten werden, können die Dreharbeiten nicht allzu konfliktreich gewesen sein.

„Ferien“, das ist ein etwas in die Irre führender Titel. Britta Hammelstein spielt die junge Juristin Vivian, die beim Eintritt ins Berufsleben plötzlich merkt: Sie kann und will nicht mehr. Ein Zustand völliger Erschöpfung, das bisher verfolgte Lebensziel hat sich als Irrtum erwiesen, Sackgasse! Reif für die Insel, sagt sich Papa, verfrachtet die Tochter an die Küste. Erst mal durchatmen soll sie, aber auch das will sie nicht, nicht auf diese Weise, zieht aus der Ferienanlage lieber zu einer alleinerziehenden, selbst nicht gerade energisch durchs Leben schreitenden Mutter, beginnt einen Job in einem obskuren Kramladen, geführt von einem ebenfalls in der Sackgasse gestrandeten Mann.

Wie kommt man als junger Mensch auf solch eine Idee, zu solch einem Stoff? Und wie gerinnt er zum Drehbuch? Letzteres als Gemeinschaftswerk mit der Kommilitonin Paula Cvjetkovic, der Bernadette Koller von ihrer Ur-Idee erzählt hatte, die auch sofort darauf ansprach, und da man sich gegenseitig mochte, ging es eben gemeinsam ans Werk.

Aber wie entstand die Idee? Aus eigenem Erleben. Nämlich „in einer Zeit, als ich selbst nicht wusste, was ich machen, was ich arbeiten will, und darunter gelitten habe“, so schildert es die junge Regisseurin. Aber man lebe doch in einer „Gesellschaft, in der man sich dadurch definiert, dass man arbeitet; in der man wissen muss, was man will; in der man glücklich sein soll mit dem, was man arbeitet.“ Und das Nichtwissen erhalte dann oft schnell den Namen Krankheit – Burnout.

Über solch einen Menschen wollte sie schreiben, eine, die das Gefühl habe, nicht weiterzukönnen, nicht weiterzuwollen – was aber doch auch eine Kraft darstelle, die man nutzen könne, den richtigen Weg für sich selbst herauszufinden. Der Film spiegele eben ihre eigene Unsicherheit in dieser Phase wider, die sie jedoch bei vielen Freunden beobachtet habe.

Und die nicht nur die von ihr gespielte Hauptfigur Vivian zeige, die vielmehr in allen Figuren des Films stecke, ergänzt Hauptdarstellerin Britta Hammelstein. Und selbst der Vater der verunsicherten Heldin, der ihr immer neue Vorschläge unterbreitet, versteckt, so sieht es Buck, hinter der aktionistischen Fassade doch nur die Tatsache, dass auch er sich in einer Sackgasse verlaufen hat. Der Wal auf dem Trockenen? Eigentlich ein sehr passendes Symbolbild für dieses allgemeine „Ferien“-Gefühl.

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