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Berlin: Finanzkrise bedroht Investorenträume

Großprojekte der US-Banken Lehman Brothers und Morgan Stanley in Zehlendorf und nahe Kurfürstendamm sind gefährdet

Zwei der größten Wohnungsbauvorhaben in Berlin stehen wegen der globalen Finanzkrise auf der Kippe. In der Württembergischen Straße, einer Seitenlage des Kurfürstendamms, wollte die US-amerikanische Investmentbank Morgan Stanley mit Partnern eigentlich auf einem 14 000 Quadratmeter großen Grundstück zehn sechsgeschossige Stadthäuser mit 110 Wohnungen errichten – „Leitidee: entspanntes luxuriöses Leben“. Unbequem wird es deshalb für die dort ansässigen Kleingärtner. Sie müssen die 48 Parzellen der „Kolonie Württemberg“ bis Ende November räumen. Nun bietet der Investor das Areal wieder zum Verkauf an.

Ähnliches gilt für den Monroe-Park an der Goerzallee in Zehlendorf. Dort wollte die heute insolvente New Yorker Investmentbank Lehman Brothers eigentlich rund 70 Millionen Euro investieren. Mit diesem Geld sollte das 46 000 Quadratmeter große, frühere McNair-Quartier der US-Armee in eine Luxusresidenz mit 250 Lofts verwandelt werden. Doch nun bremst die Insolvenz von Lehman Brothers das Projekt aus. Und die Entwickler jagen frischem Kapital nach.

Der mögliche Rückzug von Morgan Stanley vom Kurfürstendamm könnte auch den landeseigenen Liegenschaftsfonds treffen: Der Fonds hatte das Grundstück verkauft, aber das Geld dafür noch nicht bekommen. Der Kaufpreis wird aber auch erst fällig, wenn die Kleingärten geräumt sind. Wer den dann zahlt, ist gegenwärtig ungewiss.

Denn in der Branche heißt es, Vertreter von Morgan Stanley böten das Grundstück an der Württembergischen Straße mit fertigen Bauplänen zum stolzen Preis von 20 Millionen Euro zum Verkauf an. Das bestätigt der Liegenschaftsfonds: „Wir wissen von diesem Angebot und kennen diesen Preis“, sagt Geschäftsführer Holger Lippmann. Er gehe aber davon aus, „dass der beurkundete Kaufvertrag erfüllt wird, gegebenenfalls mit einem anderen Investor.“ An der Räumung des Grundstücks werde das Geschäft nicht scheitern. „Das schaffen wir fristgerecht“, so Lippmann. Ungewiss erscheint gegenwärtig aber, wer das Projekt als finanzkräftiger Partner weiterführt.

Die Firma Morgan Stanley gab wegen der Finanzkrise ihren Status als Investmentbank auf und wurde durch eine Kapitalspritze der japanischen Großbank Mitsubishi UFJ aufgefangen. Das Grundstück an der Württembergischen Straße war in den von Morgan Stanley gegründeten, weltweit größten Immobilienfonds platziert worden. Morgan Stanley wollte sich zu Anfragen nicht äußern. Auch die Projektentwickler beantworteten wiederholte Anfragen nicht. Der mit der Planung des Grundstücks beauftragte Architekt Eike Becker sagt: „Die Baugenehmigung ist erteilt.“ Die Grundsteinlegung für die Neubauten sei für Mitte 2009 vorgesehen.

Um Zuversicht bemüht ist auch der Projektleiter am Monroe-Park: „Wir verhandeln mit neuen Partnern“, sagt Volker Imhoff. Bevor eine Lösung für die Finanzierung gefunden ist, könne aber nicht weitergebaut werden. „Wir können keine neuen Aufträge herausgeben“, sagt er. Man werde die Verzögerung des Projektes um zurzeit knapp zwei Monate aber wieder einholen, sobald ein neuer Investor gefunden sei und die Finanzierung wieder gesichert ist, versichert er.

„Wir bleiben doch, oder?“ fragt Kleingärtnerin Hannelore Schmidt ihre Nachbarin. Tagesmutter Heike Engelbrecht, die auf ihrer Parzelle gerade ein Kleinkind in den Schlaf geschaukelt hat, sagt ohne zu zögern: „Natürlich!“ Hannelore Schmidt pachtet Parzelle 30 seit 54 Jahren. Ihr Garten ersetzt der 81-Jährigen den Biomarkt: Tomaten, grüne Bohnen, Rüben, Kartoffeln ernte sie und Obst: Äpfel, Birnen Johannes- und Himbeeren, die sie zu Säften und Marmeladen verarbeite. „Meine Speisekammer platzt“, sagt sie. Deshalb unterzeichne sie den Aufhebungsvertrag nicht, den mache ihr nicht einmal ein „Bonbon“ in Höhe von 3000 Euro schmackhaft – anders als 30 der insgesamt 48 Kleingärtner.

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