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Wohnungsbau ist auch in Berlin ein prägendes stadtpolitisches Thema.

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Finanzsenator zum Wohnungsbau: Kollatz-Ahnen will keine neuen Förderprogramme für Berlin

Die Konsolidierung des Haushalts behält für Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen Priorität. Ein Drittel der Schulden Berlins kämen aus verfehlter Wohnungsbaupolitik, sagte er am Donnerstag. Der Senat setzt statt neuer Förderung auf "preiswertes Bauen".

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) lehnt eine teure Wohnungsbauförderung ab. Etwa ein Drittel des Schuldenbergs von 60 Milliarden Euro, der den Landeshaushalt langfristig belaste, resultiere aus einer verfehlten Subventionspolitik für den Neubau von bezahlbaren Wohnungen, sagte er am Donnerstagvormittag als Gastredner beim Business Breakfast des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI). Stattdessen kündigte der Senator eine Senatsinitiative "für preiswertes Bauen" an.

Sowohl für Wohnungen wie auch für neue Kitas werde es Modellprojekte geben "für modulares, standardisiertes Bauen". Was nicht mehr gehe, sei "teuer bauen und dann mit öffentlichen Mitteln herunter subventionieren". Wer glaube, dass neue Förderprogramme aufgelegt würden, die das Land Berlin eventuell noch einmal zehn Milliarden Euro kosten könnten, werde bei ihm "auf Granit beißen", sagte der Finanzsenator. Mit seiner Kritik spielte Kollatz-Ahnen auf die frühere staatliche Wohnungsbauförderung aus West-Berliner Zeiten an, die auf Initiative seines Amtsvorgängers Thilo Sarrazin (SPD) seit 2003 schrittweise beendet wurde.

Günstigeres Geld für Bauherren auf dem Kapitalmarkt

Der rot-schwarze Senat hat allerdings im vergangenen Jahr ein neues, wenn auch eher bescheidenes Förderungsprogramm aufgelegt, mit dem über fünf Jahre mit insgesamt 320 Millionen Euro jährlich 1000 neue Wohnungen subventioniert werden sollen. Ein Programm, das von privaten Investoren bisher kaum in Anspruch genommen wurde, weil sich Bauherren auf dem normalen Kapitalmarkt zu sehr niedrigen Zinsen genug Geld beschaffen können, und zwar ohne einschränkende Bedingungen für preiswerten Wohnraum.

Trotzdem gibt es koalitionsintern Diskussionen über eine Aufstockung der Förderung, um die Mieten in Berlin zu dämpfen. Sehr skeptisch wurde von den geladenen Vertretern der Wirtschaft die Ankündigung von Kollatz-Ahnen aufgenommen, dass strategisch wichtige, landeseigene Grundstücke möglichst nicht mehr verkauft, sondern in Erbpacht vergeben werden sollten. Auf diese Weise behalte die öffentliche Hand langfristig den Zugriff auf solche Immobilien, sagte der Senator.

Erbbaurechte statt Grundstücksverkäufen

Mehrere Gäste des VBKI widersprachen. Erbbaurechte für 4 bis 8 Prozent Zinsen zu erwerben, das mache zurzeit niemand, der von den Banken langfristige Kredite für 1 bis 2 Prozent bekomme. Der Finanzsenator lenkte daraufhin ein. "Ich denke gern darüber nach." Erbbaurechte seien auch nur eine Möglichkeit, um der Stadt den späteren Zugriff auf das Grundstück zu sichern. Der Verkauf, so Kollatz-Ahnen, sei aber "in vielen Fällen nicht mehr das Instrument der ersten Wahl".

Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) ist gegen neue Wohnungsbauförderung.
Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) ist gegen neue Wohnungsbauförderung.

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Er kündigte auch an, die umstrittene Grundstücksvergabe der Berliner Stadtgüter im brandenburgischen Umland zu überprüfen, die weitgehend in Erbpacht vergeben werden. Der Senator räumte allerdings ein, für den künftigen Umgang mit den Stadtgütern noch keine Lösung zu haben. Zu den Grundsätzen seiner Finanz- und Haushaltspolitik sagte Kollatz-Ahnen: "Erste Priorität bleibt die Konsolidierungspolitik". Aber soweit es Spielräume gebe, werde mehr als bisher investiert. Das gelte übrigens auch für die landeseigenen Unternehmen. Einen defizitären Haushalt werde er aber nicht vorlegen.

Derzeit wird der Doppeletat für die 2026 und 2017 vorbereitet, der vor der Sommerpause im Senat beschlossen werden soll. Der Finanzsenator erinnerte an den hohen Schuldenstand Berlins. Selbst wenn es gelänge, ab sofort eine Milliarde Euro jährlich Schulden abzubauen, läge Berlin erst in 20 Jahren im Durchschnitt der Bundesländer. Nämlich bei Schulden, die 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen.

Kollatz-Ahnen will Haushalt besser abpuffern

Außerdem müsse in den Landeshaushalt auch in den nächsten Jahren ein finanzieller Puffer eingebaut werden. "Denn wir können nicht voraussetzen, dass die Situation so krisenfrei und boomend bleibt wie in den vergangenen Jahren." Als weitere Risiken nannte der Senator die Reform des Länderfinanzausgleichs, die 2020 in Kraft tritt. Er hofft auf eine "faire Lösung". Außerdem sei nicht damit zu rechnen, dass Berlin in der nächsten Förderperiode der Europäischen Union, ab 2021, noch so großzügig bedacht werde wie bisher. Es sei eher mit einer "Auslaufphase" zu rechnen.

Gefragt nach der zukünftigen Kulturförderung fand Kollatz-Ahnen ebenfalls klare Worte. "Durch die Kostensteigerungen bei der Staatsoper sind die finanziellen Spielräume in diesem Bereich mehr als verbraucht." Er werde im Senat auf diese "Begrenztheit der Mittel" auch deutlich hinweisen. Neue Möglichkeiten ergäben sich für die Kultur höchstens durch die City Tax, deren zusätzliche Einnahmen der Förderung von Sport, Tourismus und Kultur zugute kommen sollen.

Beim Umgang mit den Strom- und Gasnetzen der Stadt bestätigte der Finanzsenator seine Linie. Gegen das Urteil zugunsten der Gasag werde Berufung eingelegt, aber er setze auf eine "befriedigende Kooperationslösung in vertretbaren Zeiträumen" durch Verhandlungen mit den privaten Netzbetreibern Gasag und Vattenfall. Senatsintern habe er dafür schon Vorschläge gemacht. Am Ende der Veranstaltung bekam der neue Finanzsenator beim VBKI-Frühstück kräftigen Beifall und wurde vom Geschäftsführer des Verbandes, Udo Marin, für seinen "erfahrungsgesättigten Pragmatismus" gelobt.

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