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Geschäftsführer der Berlin Heart GmbH, Ares K. Menon, mit dem Modell eines turbinenbetriebenen Kunstherzens.

© Thilo Rückeis

Firma der Woche: Berlin Heart GmbH: Hauptstadtpuls für schwache Herzen

In Berlin-Steglitz die werden die weltweit einzigen Kunstherzen für Kinder produziert. Schon bald können die Patienten auf mehr Mobilität hoffen.

Stolze 90 Kilo bringt „IKUS“ auf die Waage - und damit deutlich mehr als seine kleinen Patienten. Er sieht aus wie der Servierwagen einer Stewardess, aber transportiert keine Snacks und Getränke. „IKUS“ ist der Antrieb des Kunstherzens und rettet Leben.

Wenn ein Kinderherz nicht mehr stark genug ist, übernimmt das sperrige Gerät das Schlagen solange bis ein passendes Spenderorgan gefunden ist. Und das kann dauern: In Deutschland wartet ein Kind im Durchschnitt ein ganzes Jahr; ununterbrochen über dicke Schläuche mit dem Antriebsgerät verbunden. Für die Kinder und ihre Familien bedeutet das eine enorme Belastung.

Hergestellt und gewartet werden die Kunstherzen in Berlin. „Wir sind die einzige Firma, die Kinder mit Kunstherzen unterstützen kann und weltweit eine Zulassung haben“, sagt Ares K. Menon, Geschäftsführer der Berlin Heart GmbH. „Darauf sind wir natürlich alle sehr stolz“. Menon selbst ist Herzchirurg und leitet seit gut drei Jahren das 1996 gegründete Unternehmen gemeinsam mit Sven-René Friedel. 220 Mitarbeiter arbeiten heute an den Standorten Berlin-Steglitz und in Texas, USA.

Ein Techniker wartet den IKUS-Antrieb der künstlichen Herzpumpe.
Ein Techniker wartet den IKUS-Antrieb der künstlichen Herzpumpe.

© Thilo Rückeis

Verwirrung in der Notaufnahme

Bei Kindern führe noch kein Weg vorbei an einer parakorporalen Lösung vorbei, erklärt der Mediziner. Sie wachsen noch und die „Pumpe“ muss mitwachsen. Liegt sie außerhalb des Körpers, ist ein Austausch ohne erneutes Öffnen des Brustkorbs möglich. Außerdem können wir bei völliger Kontrolle von außen das Kunstherz viel besser überwachen und steuern.

Bei Erwachsenen gibt es neben dem klassischen großen Kunstherz auf Rollen schon andere Therapiemöglichkeiten: „Wir wissen heute, dass für das Funktionieren des Herzens nicht unbedingt der Puls nötig ist.“ Bei Patienten, bei denen nur eine Herzkammer betroffen ist, reicht eine winzige batteriebetriebene Turbine am Herzen aus, um den Kreislauf auch ohne Puls aufrecht zu erhalten. Durch den Turbinenantrieb kann das Blut kontinuierlich fließen –quasi wie bei einem Wasserhahn. Die Batterie trägt der Patient in einer kleinen Tasche am Körper.

„Das hat durchaus schon zu Verwirrungen geführt, wenn ein solcher Patient ohne Puls in eine Notaufnahme eingeliefert wurde“, erzählt Menon. So mancher Arzt würde nicht schlecht gucken, wenn ein Mensch ohne Puls vor ihm steht.

Spender dringend gesucht

Eine Transplantation sei ohnehin nur bis zu einem Alter von etwa 70 Jahren erfolgsversprechend, älteren Patienten kann mit dem Turbinen-Modell aber dauerhaft geholfen werden. Sind beide Herzkammern ausgefallen, bleibt nur die parakorporale Kunstpumpe.

Die beste Lösung wäre aber ein Spenderherz. Ein schwaches Herz – in der Fachsprache Herzinsuffizienz – ist trotz aller Therapiemöglichkeiten die häufigste Todesursache in den Industrieländern. Über 20 Millionen sind weltweit betroffen, aber nur 4000 Transplantationen können jährlich durchgeführt werden, für alle anderen bedeutet das Warten. In Deutschland wartet man im europäischen Vergleich am längsten auf eine Transplantation.

Das habe verschiedene Ursachen, meint Menon, läge aber vor allem an der Gesetzeslage: Bei der Reform des Transplantationsgesetz 1997 wurde die Chance, eine Widerspruchsregelung einzuführen. Jeder Bürger wäre dann nach seinem Tod automatisch Organspender.

In einigen Nachbarländern gibt es diese Regelung schon. In Spanien beträgt die Wartezeit auf ein Spenderherz für einen erwachsenen Patienten deshalb nur zwei bis vier Monate. In Deutschland wartet ein Patient auf der normalen Liste viele Jahre, um überhaupt ein Herz angeboten zu bekommen. „Das ist für alle Beteiligten schwer zu ertragen“, so Menon, „uns treibt es an, unsere Herzen noch besser zu machen.“

Der "neue IKUS"

Um insbesondere den kleinen Patienten das Warten auf die Transplantation leichter zu machen, entwickelt Berlin Heart derzeit einen mobilen Antrieb: „Der ist etwa so groß wie ein Trolley und natürlich viel leichter und damit beweglicher als der IKUS“, verspricht Menon begeistert. So ein Produkt wäre ein echter Durchbruch in der Therapie. Es soll Anfang 2019 erst auf den europäischen, dann auch auf den US-Markt kommen.

Jedes Jahr veranstaltet Berlin Heart für die Kinder einen Malwettbewerb. Die Bilder der letzten Jahrgänge hängen alle in den Fluren des Unternehmens. Ein Wort taucht immer wieder auf: Danke.

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