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Berlin: Fisch auf den Tisch

Wenn es jetzt wärmer wird, bevölkern die Angler wieder die Berliner Ufer Manche essen den Fisch, andere suchen nur ein paar Stunden Entspannung

Ein ausholender Schwung, ein leises Surren, das vom Auftreffen im Wasser beendet wird. Haken samt Maden und Futterkorb sind fast in der Mitte der Spree gelandet. Felix Martin nickt zufrieden. Seit halb acht in der Früh sitzt der 17-Jährige am Ufer des Treptower Parks. In seiner Altersklasse säumen sonst eher wenige das Ufer, die Entspannung beim Angeln suchen eher Ältere. „Ich brauch das, um von der Schule abzuschalten“, sagt Felix.

Angeln in Berlin ist beliebt. Je wärmer es wird, desto mehr Leute angeln von Brücken oder den Ufern der zahlreichen Gewässer im Stadtgebiet. In den letzten drei Jahren gab das Berliner Fischereiamt immer um die 25 000 Fischereischeine aus. Doch nur der frühe Angler fängt den Fisch. „Wenn es zu warm wird, ziehen sich die Fische zurück“, verrät Felix.

Angeln ist ohnehin eine Folge von Abwägungen und Entscheidungen. Wenn es andererseits zu kalt ist, lassen sich manche Fische erst gar nicht blicken. Die Fische muss man sich außerdem erst suchen, indem man mitunter mehrere Stellen ausprobiert. An den falschen Punkten holt man alles außer Fisch aus dem Wasser: „Im Sommer findet man in Parks auch mal einen Grill im Fluss“, weiß Felix. Fahrräder und Einkaufswagen würden ebenso gern unter Wasser entsorgt. Sein Mittagessen bringt Felix allerdings nicht von seinen Angelausflügen mit. Die heimischen Fische haben ihm zu viele Gräten. Unverletzte Fische wirft er stattdessen ins Wasser zurück. Die drei älteren Herren neben ihm halten es da anders. In einer Plastiktüte präsentiert Alexander Karl seine Beute: Seit sechs Uhr hat er schon fünf Brassen gefangen. Er hat an diesem Tag Geburtstag, Fisch soll sein Festmahl werden.

Der Berliner Fisch ist übrigens ganz offiziell genießbar. Das zeigen regelmäßige Rückstandsuntersuchungen, versichert Jens Puchmüller vom Fischereiamt. Doch Geld spart man nicht, wenn man sich seinen Fisch selber angelt. Das weiß auch Alexander Karl. „Meine Frau sagt immer: Angeln ist für reiche Leute.“ Tatsächlich muss erst mal ordentlich investiert werden, bevor die Rute ausgeworfen werden kann. Bevor man überhaupt die Berechtigung zum Angeln erwerben kann, muss man eine Prüfung inklusive Lehrgang absolvieren. Danach lässt sich dann der Fischereischein erwerben. Zusätzlich wird eine jährliche Fischereiabgabe fällig. Schließlich stellt der Eigentümer des Gewässers, in dem geangelt werden soll, eine kostenpflichtige Angelkarte aus. Nicht zu vergessen ist die Ausrüstung, die regelmäßig erneuert werden muss (nähere Infos: siehe Kasten). Der Beliebtheit tut das keinen Abbruch.

„Die Zeiten, in denen Spaziergänger einen fragten, ob sie beißen, sind vorbei“, hat Mario Distelkam vom Landesverband Berlin des Deutschen Anglerverbandes festgestellt. Angler am Ufer sind inzwischen zur Normalität geworden. Es sind vornehmlich Männer, die diese Freiheit suchen. Alexander Karl hat eine Zigarettenschachtel und eine Thermoskanne neben seiner Ausrüstung stehen. Erst zu Hause endet seine Freiheit. Dann heißt es wieder Kompromisse eingehen. Während Karl gern Aal isst, findet seine Frau, der sei zu fett. Na dann, Petri Heil!

Matthias Jekosch

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