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Berlin: Fliegende Fäuste vor dem Gerichtssaal

Prügelopfer wollte Schmerzensgeld – und bekam wieder Prügel

Auf ein friedliches Urteil bereitete man sich gestern im Saal 806 des Moabiter Kriminalgerichts vor. Es war der vierte Prozesstag um eine Messerstecherei. Doch plötzlich gab es vor dem Gerichtssaal eine Prügelei. Die Familie eines der drei Angeklagten und die ihres Opfers gingen aufeinander los, insgesamt waren etwa 30 Personen beteiligt. Etliche Justizwachtmeister gingen dazwischen, die Polizei rückte an. Am Ende gab es mehrere Personen mit Blessuren. Besonders schlimm traf es den 24-jährigen Nebenkläger Oguzhan A. Er, der im April überfallen und niedergestochen worden war, musste schon wieder ins Krankenhaus gebracht werden.

Die türkischen Familien sind Nachbarn in einem Kreuzberger Mietshaus. Ihre Söhne waren in Streit geraten, weil einer glaubte, dass der andere seine Freundin beleidigt habe. Als es vor dem Gerichtssaal zur Prügelei kam und sogar Stühle flogen, sollte gerade eine Vereinbarung über ein Schmerzensgeld für A. ausgehandelt werden. Der Anwalt des Nebenklägers wollte die Sache nur noch mit seinem Mandanten besprechen. Wer den handfesten Streit im Gerichtsgebäude begann, ist noch unklar.

Nach einer etwa zweistündigen Unterbrechung waren die Zuschauerbänke leer. Die Verteidiger drängten auf ein Urteil. Die persönliche Entschuldigung der 21-jährigen Angeklagten, die Teil der Vereinbarung mit dem Opfer war, könne doch der Anwalt von A. als „Boote“ überbringen, argumentierten sie. Das aber sahen die Richter anders. Bevor es zu einem Richterspruch wegen gefährlicher Körperverletzung kommt, sollen sich Täter und Opfer noch einmal begegnen. Über den Zustand von Oguzahn A. hatte das Gericht noch keine Erkenntnisse. Im April war er durch mehrere Messerstiche in den Bauch schwer verletzt worden. Nach der Familien-Schlägerei soll er sich den Bauch gehalten haben.

Kerstin Gehrke

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