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Flucht aus dem Gericht: Senatorin sieht kein Versäumnis

Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) zeigte sich gestern verwundert, dass die Opposition wegen eines einzelnen entflohenen Gefangenen eine Sondersitzung des Rechtsausschusses einberief.

So etwas „kann überall und immer passieren“, sagte die SPD-Politikerin, bei 25 000 Vorführungen zu Gerichtsverhandlungen im Jahr „dürfte das nicht zu einer Sondersitzung führen“, sagte Schubert. Die Union legte der Senatorin einen Monat vor der Abgeordnetenhauswahl den Rücktritt nahe.

Wie berichtet, war vor zwei Wochen ein libanesisch-stämmiger Krimineller aus dem Kriminalgericht Moabit geflohen – angeblich aus dem Toilettenfenster. Zur Empörung vor allem der CDU nannte die Senatorin nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub gestern keinerlei neue Erkenntnisse über die Flucht. Die beiden Justizwachtmeister hätten bei der Befragung die Aussage überwiegend verweigert, hieß es. Die disziplinarischen Ermittlungen gegen die beiden laufen noch. Am 22. August will die Justiz die Flucht an Ort und Stelle nachstellen.

Mittlerweile gibt es jedoch Zweifel, ob Hassan Ch. tatsächlich aus dem Toilettenfenster sprang. „Ich glaube das nicht“, sagten die CDU-Abgeordneten Michael Braun und Nicolas Zimmer. Denn unterhalb dieses Toilettenfensters sei im Hof ein Wachhäuschen. Möglicherweise sei Ch. ganz normal aus der Toilette zurück - gekommen und dann verschwunden, weil die Wachleute die Tür nicht im Auge hatten, mutmaßten CDU-Abgeordnete. Dafür spricht auch, dass die beiden Justizangestellten nach Angaben Schuberts zunächst „den Flur absuchten“ und dann erst Alarm auslösten. Nach Schuberts offizieller Darstellung sei die Flucht durch das Fehlverhalten der Wachtmeister ermöglicht worden, die Ch. auf ein ungesichertes Besucherklo brachten und nicht zu dem vergitterten Gefangenen-Klo.

Erst auf Nachfragen räumte Schubert ein, dass das Alarmsystem nicht richtig funktioniert habe und auch jetzt nicht richtig funktioniere. „Das ist in die Wege geleitet“, sagte Schubert. Genüsslich verwies die Justizverwaltung auf die Statistik. In Schuberts fünf Amtsjahren habe es nur sieben „Entweichungen“ gegeben, acht dagegen in dem einzelnen Jahr 2000, als der damalige Regierende Eberhard Diepgen gleichzeitig als Justizsenator fungierte.

Nach Hassan Ch. wird weiterhin bundesweit gefahndet. Von Mitgefangenen wird er als äußerst gewaltbereit beschrieben. Nach Informationen des Tagesspiegels waren vor einiger Zeit bei einer Zellenrazzia eine ganze Reihe von verbotenen Gegenständen bei dem 28-Jährigen gefunden worden – gegen ihn wurde eine Disziplinarstrafe verhängt.

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