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Ein 31 Jahre alter Asylbewerber aus Albanien, der nicht erkannt werden möchte, sitzt auf einer Liege in einem Gruppenzelt in der Zentralen Erstaufnahmestelle Brandenburgs in Eisenhüttenstadt.

© picture alliance/dpa/Patrick Pleul

Flüchtlinge in Berlin: Mindestens 30.000 Neuankömmlinge bis Jahresende

Die Senatsverwaltung sucht händeringend Unterkünfte, mehr als 4000 Schutzsuchende kamen allein im Juli nach Berlin. Schon jetzt werden manche in Traglufthallen untergebracht. Aber auch die könnten bald nicht mehr ausreichen.

Von Sabine Beikler

So viele neue Flüchtlinge in einem Monat kamen bisher noch nie nach Berlin wie im Juli. Genau 4106 schutzsuchende Männer, Frauen und Kinder erreichten im Vormonat die Hauptstadt – etwa vier Mal mehr als im Juli 2014. Bis Ende des Jahres muss Berlin nach dem Königsteiner Schlüssel mit mindestens 30.000 Neuankömmlingen rechnen.

Mit einer Entspannung der Situation ist nicht zu rechnen. Im Gegenteil. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir für die Unterbringung Zelte aufstellen müssen“, sagte Regina Kneiding, Sprecherin der Senatssozialverwaltung, dem Tagesspiegel. Jetzt schon werden 300 schutzsuchende Menschen in zwei von der Stadtmission betriebenen Traglufthallen als Notunterkünfte für drei Tage untergebracht.

Zurzeit sind 15.300 Flüchtlinge in 60 Gemeinschaftsunterkünften, 1550 in Hostels und rund 9000 in Wohnungen untergebracht. Drei von sechs geplanten Wohncontainer-Dörfer wurden inzwischen eröffnet: 400 Plätze bieten die Wohncontainer am Blumberger Damm in Marzahn, 380 Flüchtlinge werden im Containerdorf im Köpenicker Viertel Allende II beherbergt. Und im Stadtteil Buch leben inzwischen 480 schutzsuchende Männer und Frauen in Containern.

Weitere drei Containerdörfer sollen bis September eröffnet werden – zwei in Steglitz-Zehlendorf, eines in Lichtenberg. Trotz der neuen 2000 Plätze in den Containerbauten erhalten ankommende Flüchtlinge in der Erstaufnahme bei Platzmangel in den Sammelunterkünften Gutscheine für Hostels im Wert zwischen 30 und 50 Euro. Die Flüchtlinge suchen sich häufig selbst Hostels.

Grüner regt feste Kontingente in Hostels an

Um unseriöse Geschäftemacherei mit den Flüchtlingen zu verhindern, schlägt der Bezirksstadtrat für Soziales und Bürgerdienste in Mitte, Stephan von Dassel (Grüne), vor, feste Kontingente in seriösen Hostels zu buchen und diese fristgerecht zu bezahlen. Von Dassel sagte dem Tagesspiegel, er habe 30 Hostels im Bezirk angeschrieben und warte nun auf Rückmeldungen.

„Man kann die Hostels nicht zwingen, Pauschalen zu akzeptieren“, sagte von Dassel. Diese Hostels würden neben Flüchtlingen auch andere Gäste unterbringen. In der Senatsverwaltung wird der Vorschlag von Mitte positiv aufgenommen. „Wir freuen uns, wenn die Bezirke uns unterstützen, Flüchtlinge unterzubringen“, sagte Kneiding.

Die Suche nach geeigneten Gebäuden für eine einigermaßen humane Unterbringung kostet. Zahlte das Land im Jahr 2010 für die Unterbringung eines Flüchtlings 778 Euro, stiegen die Durchschnittskosten für die Unterbringung eines einzelnen Flüchtlings 2014 auf 8425 Euro. In diesem Durchschnittswert seien die Kosten für die kurzfristige Nutzung von Liegenschaften plus höhere Sanierungskosten sowie die Unterbringung in Hostels eingeschlossen, sagte Kneiding.

Im Entwurf für den Doppelhaushalt sind im kommenden Jahr 383 Millionen Euro, für 2017 rund 445 Millionen Euro für Leistungen nach dem Aylbewerberleistungsgesetz, Integrationsmaßnahmen oder Gesundheitsvorsorge vorgesehen. Der Großteil dieser Leistungen betrifft die Unterbringung.

Michael Müller fordert Kopfpauschale vom Bund

Die Länder sind auf die Unterstützung des Bundes dringend angewiesen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) fordert eine Kopfpauschale für Asylbewerber. Bisher erhalten die Länder 500 Millionen Euro vom Bund. Die Summe soll auf eine Milliarde Euro aufgestockt werden.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) forderte, die für Oktober und November geplanten Gespräche im Kanzleramt vorzuziehen. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) kündigte an, dies zu prüfen. Seehofer argumentierte, das Treffen müsse vor Einbruch der kalten Jahreszeit stattfinden. „Im Winter können Sie keine Zelte aufstellen“, sagte Seehofer. Das könnte dann auch für Berlin gelten.

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