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Setzt ein Zeichen: Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD).

© dpa

Flüchtlinge in Berlin und Brandenburg: Berlin prüft Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt

Innensenator Geisel prüft einen Erlass zugunsten abgelehnter Asylbewerber, die Opfer oder Zeuge rechter Gewalttaten wurden. Vorbild dafür ist Potsdam.

Nach einem bundesweit bisher einmaligen Vorstoß Brandenburgs prüft nun auch Berlin einen Bleiberechts-Erlass für abgelehnte Asylbewerber, die Opfer rechter und rassistischer Gewalt wurden. Nachdem die Senatsverwaltung für Inneres in der vergangenen Woche noch zögerlich auf das Vorgehen des Nachbarlandes reagiert hatte, hat sich nun Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) persönlich eingeschaltet.

Dem Tagesspiegel sagte Geisel, Berlin verfüge bereits über die rechtlichen Möglichkeiten, Opfern von schweren Straftaten ein Bleiberecht zu gewähren. „Ich halte einen Erlass, wie ihn Brandenburg einführen will, aber für ein starkes politisches Signal in Richtung derer, die meinen: Wer Flüchtlinge aus dem Land vertreiben will, muss sie angreifen“, erklärte Geisel. „Da sage ich: Nein. Wer Opfer rechter Gewalt wird, genießt unseren doppelten Schutz und wird nicht abgeschoben.“ Er werde prüfen, „ob wir dies in Berlin mit einem Erlass auch so regeln können wie Brandenburg“.

Zuvor hatte aus der Innenverwaltung verlautet, ein gesonderter Erlass an die Ausländerbehörde sei nicht erforderlich, weil vorhandene Ermessensspielräume beim Bleiberecht für Opfer schwerer Straftaten in Berlin ohnehin genutzt würden.

Wie berichtet hatte Brandenburgs Innenministerium kurz vor Weihnachten seinen Erlass an die Ausländerbehörden in den Landkreisen und kreisfreien Städten herausgegeben. Demnach sollen Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt worden war und die Opfer oder Zeugen rechter Gewalttaten wurden, mindestens bis zum Abschluss der Ermittlungs- und Strafverfahren nicht ausgewiesen werden – in enger Absprache mit der Staatsanwaltschaft und Strafgerichten. In besonders schweren Fällen soll ihr Aufenthalt auch nach Ende der Verfahren genehmigt werden – als Zeichen der Wiedergutmachung.

Die Regelung gilt nicht für vorbestrafte Flüchtlinge

Brandenburg habe, so heißt es im Erlass, „ein erhebliches öffentliches Interesse daran, den mutmaßlichen Tätern der Gewalttat zu verdeutlichen, dass ihrem Opfer durch eine Verfestigung des Aufenthalts Gerechtigkeit widerfährt und das Gegenteil dessen erreicht wird, was die Täter beabsichtigten“, heißt es.

Dem Missbrauch der Regelung soll aber der Riegel vorgeschoben werden. Wenn betroffene Flüchtlinge ihre „Opferrolle selbst gewählt“ oder verursacht haben, soll ihr Aufenthalt nicht verlängert werden. Dass Verhalten der Betroffenen „darf für die Gewalttat nicht mitursächlich gewesen sein“, heißt es im Erlass. Zudem dürfen die Flüchtlinge nicht vorbestraft sein und nach Einschätzung der Behörden keine Gefahr für die allgemeine Sicherheit darstellen.

Der Verein Opferperspektive, der an dem Erlass beteiligt war und künftig bei Prüfverfahren einbezogen werden soll, begrüßte das Vorgehen. Vereinsgeschäftsführerin Judith Porath sagte: „Mit einem Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt übernimmt der Staat Verantwortung gegenüber jenen Menschen, die in Brandenburg von Rassisten angegriffen werden. Das ist ein wichtiges Signal der Solidarität in Zeiten, in denen die Zahlen derartiger Angriffe immer weiter steigen.“

Auch Ayse Demir, Vorstandssprecherin beim Türkischen Bund Berlin-Brandenburg, hatte von einem starken Zeichen „gegen die stetig steigende rassistische Gewalt“ gegen Flüchtlinge mitten in der verschärften Debatte um schnellere Abschiebungen gesprochen.

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