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Flüchtlinge in Kreuzberg: Letzte Frist fürs Camp

Innensenator kann Oranienplatz im Januar räumen. Flüchtlingsinitiativen demonstrieren am Sonntag.

Die Tage des Camps auf dem Oranienplatz sind wohl gezählt. Ab Januar dürfte, wie berichtet, der Senat die Hoheit über den Fall übernehmen, das Protestlager könnte geräumt werden. Und so mobilisieren Linke und Flüchtlingsinitiativen nun erst mal zum Amtssitz von Innensenator Frank Henkel (CDU): Henkel hatte sich mit Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) um die Zukunft des Camps gestritten. Die Kreuzberger Bürgermeisterin schloss bis zuletzt eine Räumung durch den Bezirk aus. Unter dem Motto „Oranienplatz bleibt! Henkel stoppen!“ rufen die Aktivisten rund um die Plattform „asylstrikeberlin“ zu einer Demonstration für kommenden Sonntag auf. Die Demonstration soll vom Oranienplatz zur Innenverwaltung an der Klosterstraße führen. Die Demonstranten haben angekündigt, während der Nacht von Sonntag auf Montag in der Nähe zu campieren. Die Polizei verhandelt darüber noch mit dem Anmelder. Der Ablauf der nächsten Wochen dürfte sich an den rechtlichen Gepflogenheiten im Berliner Politikbetrieb orientieren: Henkel hatte Herrmann eine erste Frist bis 16. Dezember gesetzt; bis dahin sollte das Camp abgebaut werden. Danach hat Herrmann bis zum 20. Dezember Zeit, um zu erklären, was geschieht. Bleiben die Zelte stehen, könnte Henkel bei der nächsten Senatssitzung am 7. Januar von der Landesregierung beschließen lassen, dass der Bezirk weitere zehn Tage bekommt, bevor der Senat die Angelegenheit ersatzweise regelt. Dies könnte, muss aber nicht bedeuten, dass ab 18. Januar geräumt wird. Herrmann sagte am Mittwoch, es gebe keinen Anlass für Panik, die Ansage des Senators habe unnötig Druck erzeugt. „Henkel verlässt den Weg der Deeskalation“, sagte die Bürgermeisterin. „Als würden ein paar Zelte die Souveränität des Staates infrage stellen.“ In den kommenden Monaten hätte sich Herrmann zufolge eine friedliche Lösung finden lassen können, zumal sich der Senat auch nach dem Abbau der Zelte fragen lassen müsse, wo er flüchtlingspolitisch stehe. Bislang steht der gesamte Senat hinter Henkel. Und die Zahl der Unterstützer des Flüchtlingscamps ist in den vergangenen Wochen sicher nicht größer geworden. Derzeit leben wohl noch knapp 30 Flüchtlinge in den Zelten, die meisten bisherigen Bewohner dürften inzwischen in dem Haus der Caritas in Wedding untergekommen sein. Der innenpolitische Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus, Hakan Tas, sagte am Mittwoch: „Statt Drohgebärden von sich zu geben, sollte der Innensenator schleunigst den Dialog mit dem Bezirk und den Flüchtlingen suchen. Der Runde Tisch, zu dem die Caritas eingeladen hat, ist dafür der geeignete Ort.“ Die Linke forderte Henkel auf, persönlich daran teilzunehmen. Die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Paus forderte den Senat zudem auf, den Mietvertrag für ein Flüchtlingsheim mit rund 230 Plätzen an der Charlottenburger Rognitzstraße zu verlängern. Es hatte Irritationen gegeben, ob das Auslaufen des Vertrags mit der Eröffnung der nahen BMW-Niederlassung im Zusammenhang steht. Eine BMW-Vertreterin bekräftigte am Mittwoch gegenüber Paus, dass dieser kein Interesse habe, Asylbewerber zu verdrängen. Jetzt sei der Senat am Zug, sagte Paus, man brauche diesen Standort dauerhaft.

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