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Verwaistes Büro: In Berlin gibt es keinen Beauftragten für Integration.

© Heinrich / tsp

Flüchtlinge, Migranten und Zuwanderung: Berlin hat seit Mai keine Integrationsbeauftragte

Die Hauptstadt steht vor großen Herausforderungen. Allein 30.000 Flüchtlinge werden 2015 erwartet. Doch der Integrationsbeauftragten-Posten ist vakant. Und das ist nicht der Einzige.

Von Sabine Beikler

Berlin wächst: Gut jeder vierte Berliner unter den 3,56 Millionen Einwohnern ist ein Einwanderer. Und bis Ende des Jahres ist in der Hauptstadt mit mindestens 30.000 neuen Flüchtlingen zu rechnen. Die meisten Neuankömmlinge werden Berlin als neuen Lebensmittelpunkt wählen. Umso wichtiger ist in einer Multi-Kulti-Stadt wie Berlin die Integration der Zuwanderer und die Koordination der Maßnahmen.

Seit dem Ausscheiden der früheren Integrationsbeauftragten Monika Lüke im Mai dieses Jahres ist ausgerechnet diese wichtige Schnittstelle nicht mehr besetzt. Die Opposition mutmaßt, die rot-schwarze Koalition wolle bis Ende der Legislaturperiode den Posten auch gar nicht mehr besetzen.

Kommissarisch leitet derzeit Andreas Germershausen die Integrationsbehörde. Er trat 2001 noch während der Amtszeit der damaligen Ausländerbeauftragten Barbara John (CDU) in die Verwaltung ein. Seitdem Barbara John nach 22 Jahren Tätigkeit als Ausländerbeauftragte 2003 aus dem Amt ausschied, hat sich auch die Position des oder der Integrationsbeauftragten geändert.

Politik will immer mehr Kontrolle

Johns Stelle der Ausländerbeauftragten war zwar bei der Sozialverwaltung angegliedert, doch eine Weisungsbefugnis gab es nicht. Die liberale CDU-Politikerin musste sich damals in ihrer eigenen Partei durchsetzen und lieferte sich harte politische Auseinandersetzungen mit dem CDU-Rechtsaußen und Innensenator Heinrich Lummer.

John war in Berliner Migrantenkreisen sehr präsent und baute viel Vertrauen auf. „Frau John hatte eine gewisse Unabhängigkeit und eine Position in der Stadt“, sagt die Grünen-Integrationspolitikerin Canan Bayram. Nach dem Ende ihrer Amtszeit habe die Politik die Arbeit des Integrationsbeauftragten immer stärker kontrollieren wollen.

"Integrationsbeauftragter ist notwendig"

Bayram bezweifelt, dass die jetzige Koalition die Stelle neubesetzen will. Auch Hakan Tas, Integrationspolitiker der Linken, zweifelt an dem politischen Willen der Koalition, zügig einen Nachfolger für Lüke zu finden. „Wir benötigen in Berlin jedoch schnell wieder eine Koordinierungsstelle für Integration.“

CDU-Integrationspolitiker Burkard Dregger erwartet auch, dass die Stelle wieder besetzt wird. „Die Position des Integrationsbeauftragten ist notwendig, auch wenn sich die Aufgaben ändern.“ Dieser Beauftragte sei ein „Sprachrohr für die Sache, muss unterwegs sein, präsent sein und die Politik kritisch begleiten“, sagt Barbara John.

Wann ein Nachfolger kommt, ist unklar

Diese „kritische Begleitung“ gestaltet sich offenbar schwieriger als noch in Johns Amtszeit. Im 2010 in Kraft getretenen Partizipations- und Integrationsgesetz ist festgeschrieben, dass die Stelle „in der für Integration zuständigen Senatsverwaltung“ eingerichtet wird, sprich in der Verwaltung von Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD). Der Integrationsbeauftragte solle „ressortübergreifend“ tätig sein.

Nach Tagesspiegel-Informationen gab es nach der Ausschreibung etwa 40 Bewerbungen, mit denen die Hausleitung nicht ganz zufrieden gewesen sein soll. Mathias Gille, Sprecher der Senatsverwaltung, betont, die Stellenbesetzung sei „im normalen Verfahrensbereich“. Wann ein Nachfolger gefunden worden sei, könne noch nicht gesagt werden.

Weitere Leerstellen

Auch das Olympiastadion hat keinen Chef.
Auch das Olympiastadion hat keinen Chef.

© dpa

Olympiastadion

Nach der Abberufung des früheren Olympiastadion-Chefs Joachim E. Thomas im Oktober 2014 hat Sportsenator Frank Henkel (CDU) offenbar Probleme, einen Nachfolger zu finden. Die Bewerber im Ausschreibungsverfahren konnten den Aufsichtsrat der Olympiastadion GmbH dem Vernehmen nach bisher nicht überzeugen.

Bäderbetriebe

Der frühere Bäderchef Ole Bested Hensing gab seinen Posten zum 30. Juni dieses Jahres vorfristig auf. Seitdem leitet Finanzvorstand Annette Siering kommissarisch das Gesamtunternehmen. Das Ausschreibungsverfahren für einen Nachfolger läuft. Mit der Neubesetzung wird intern frühestens zum Jahresende gerechnet.

Die DFFB

Die Berliner Film- und Fernsehakademie – eine gemeinnützige GmbH mit dem Land Berlin als Alleingesellschafter – ist nach dem Weggang von Jan Schütte seit Oktober 2014 ohne Direktor. Das Kuratorium mit dem Vorsitzenden und Senatskanzlei-Chef Björn Böhning hat sich über Nachfolgefragen mit Studierenden zerstritten.

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