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Unnachgiebig. Die Flüchtlinge wollen ihren Protest weiterhin vom Oranienplatz aus organisieren. Die Polizei brach ihren Räumungsversuch ab.

© dpa/Paul Zinken

Flüchtlings-Protest: Oranienplatz bleibt besetzt

Der Streit um die Flüchtlinge ist längst nicht beigelegt, die grüne Bezirksbürgermeisterin ist mit ihrem Kompromiss gescheitert. Bei einer spontanen Demonstration wurden Polizisten verletzt - und aufgeben wollen die Camp-Besetzer noch lange nicht.

Der Oranienplatz in Kreuzberg ist wieder fest in der Hand der Flüchtlinge und ihrer Unterstützer aus der linken Szene – so die Lage am Montagnachmittag. Elektriker, die den Strom kappen wollten, wurden von den Besetzern daran gehindert. Der von der Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) ausgehandelte Kompromiss zur teilweisen Räumung des Platzes wird von einer kämpferisch gestimmten Gruppe der Flüchtlinge nicht akzeptiert. Auf einer Pressekonferenz warfen ihre Sprecher Herrmann vor, nur parteitaktisch zu handeln. Unterstützer aus der Szene skandierten „Herrmann raus“ und kündigten einen Protestzug zum Amtssitz der Bezirksbürgermeisterin an.

Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs

Bei einer Spontandemonstration für die Flüchtlinge waren am späten Sonntagabend 31 Polizisten verletzt worden. Bei der Kundgebung sei es zu Angriffen auf die Beamten mit Reizgas, Steinen und durch Flaschenwürfe gekommen, teilte die Polizei am Montag mit. Die Beamten setzten Pfefferspray ein und leiteten 15 Ermittlungsverfahren ein, überwiegend wegen besonders schweren Landfriedensbruchs und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Fünf Männer wurden festgenommen.

Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hatte die Polizei um Amtshilfe gebeten, um die leeren Schlafzelte auf dem Oranienplatz abzubauen. Mehrere Personen hätten sich damit nicht einverstanden erklärt, da sie einen Teil der Zelte weiter bewohnten. Daraufhin sei von einem Abbau abgesehen worden, erklärte die Polizei. Am Abend hätten dann teilweise bis zu 500 Menschen gegen die geplante Räumung des Areals protestiert.

Damit war der zuvor ausgehandelte Kompromiss zwischen den Flüchtlingen vom Oranienplatz und dem Bezirk geplatzt. Die Caritas hatte kurzfristig ein ehemaliges Seniorenheim mit 80 Plätzen zur Verfügung gestellt, dafür erklärten sich die Flüchtlinge eigentlich bereit, den Oranienplatz nicht mehr als Nachtlager zu nutzen, sondern nur noch für ihren politische Protest. Herrmann hatte den Flüchtlingen zugesichert, dass dafür ein Informationszelt auf dem Platz stehen bleiben darf. Diese Zusage erneuerte sie am Montag. „Ich will den Platz nicht räumen“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Er soll als Protestort verstetigt werden durch eine Sondernutzungserlaubnis.“

Der Umzug ins Caritas-Haus lief wie berichtet nicht ganz nach Plan. Flüchtlinge aus Hamburg und möglicherweise auch Obdachlose hatten sich unter die Wartenden gemischt, so dass 20 Oranienplatz-Besetzer nicht mehr aufgenommen werden konnten. Sie wurden mit Taxen ins Asylbewerberheim Marienfelde gebracht. Dort sind nach Angaben von Sozialstadträtin Sibyll Klotz (Grüne) insgesamt 38 Flüchtlinge vom Oranienplatz untergekommen. Bis zum Ende der Woche soll für sie Platz in einem anderen Wohnheim gefunden werden. Die Senatssozialverwaltung betonte, man könne nicht allen sogenannten Lampedusa-Flüchtlingen Schlafplätze anbieten. Diese Flüchtlinge hielten sich illegal in Berlin auf.

Caritas-Haus muss nachgerüstet werden

Die Caritas hatte das seit Jahren leerstehende Haus innerhalb von zwei Tagen wieder flottgemacht, für Wasser und Strom gesorgt und einen Sicherheitsdienst mit der Brandwache beauftragt, da die vorgeschriebenen technischen Anlagen noch nachgerüstet werden müssen. In dieser Woche würden zwei Küchen eingerichtet, sagte Caritas-Sprecher Thomas Gleißner. Das Haus wird im Rahmen der Kältehilfe bis zum 31. März 2014 finanziert, was danach mit den Flüchtlingen passiert, ist unklar. Tania Gärtner, die den Umzug ins Caritas-Haus unterstützt hatte, machte den Senat für die chaotische Aktion verantwortlich: „Wenn mehr Zeit gewesen wäre, hätte das geordneter laufen können.“ Es habe geheißen, der Umzug müsse am Wochenende erfolgen, sonst werde das Haus für Asylbewerber genutzt.

Die Hardliner unter den Flüchtlingen sehen das Caritas-Haus vornehmlich als politisch motivierten Versuch, ihren Protest gegen die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik einschlafen zu lassen. „Wir waren nicht damit einverstanden, dass das Camp geräumt wird“, erklärte Bashir, einer ihrer Sprecher. „Unsere Forderung ist nicht, ein Haus im Wedding zu haben.“ Schließlich hätten sie nicht mal das Fahrgeld, um vom Caritas-Heim täglich zum Protestcamp zu fahren.

Die Lampedusa-Flüchtlinge sind über Italien nach Deutschland eingereist. Weil sie keinen Asylantrag stellen können, gibt es für sie keine staatlichen Leistungen. Inzwischen setzen sich Schauspieler und Musiker mit einer Plakatkampagne für die Flüchtlinge ein. (mit epd)

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