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Es ist noch so viel zu tun - wenigstens die Bauhelme liegen bereit.

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Flughafen BER: Fünf Szenarien, wie es mit dem Flughafen weitergeht

Den Flughafen im tiefsten Winter eröffnen? Den alten Schönefelder Airport doch lieber erhalten? Immer mehr Geld dazuschießen? Es ist an der Zeit, einmal die realistischsten Szenarien für den Hauptstadtflughafen durchzuspielen.

Szenario: Eröffnung 2014

Es wäre das Horrorszenario. Dass der neue Flughafen in Schönefeld womöglich erst 2014 eröffnen könnte, wie am Wochenende in hochrangigen Flughafenkreisen formuliert wurde, wollen alle Verantwortlichen natürlich partout vermeiden. Am Montag hagelte es deshalb aus dem Aufsichtsrat prompt offizielle Dementis für die drohende Verschiebung: „Es gibt keinerlei Hinweise, dass der Flughafen erst 2014 eröffnet werden kann“, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), der den für den Bau zuständigen Projektausschuss des BER-Aufsichtsrates leitet und daher einen engen Draht zum Bauchef Horst Amman pflegt. Amann soll zur Aufsichtsratssitzung am 14. September einen neuen Terminvorschlag präsentieren. Zwar wird es offiziell nirgends bestätigt. Doch rechnet niemand mehr damit, dass der 17. März 2013 gehalten werden kann. Als realistisch wird vielmehr eine Verschiebung um einige Wochen bis einige Monate eingeschätzt. Danach könnte es darauf hinauslaufen, dass der BER zum Winterflugplan 2013/2014 startet – es sei denn, von der Baustelle kommen neue Hiobsbotschaften. Dann wäre man tatsächlich schnell im Jahr 2014. Am Donnerstag will sich das Abgeordnetenhaus auf Antrag aller fünf Fraktionen in einer Aktuellen Stunde mit dem Flughafen-Desaster befassen. Im tiefsten Winter soll der neue Flughafen nicht in Betrieb genommen werden – dann müsste nämlich auch der Umzug von Tegel mit hunderten Lastwagen ins BER-Terminal gegebenenfalls bei Schnee und Eis stattfinden.

Szenario: Schönefeld Alt bleibt 

Der BER wird nicht nur teurer und weit später fertig, sondern platzt für die erwarteten 25 Millionen Passagiere fast schon aus den Nähten. Konzipiert ist er derzeit für 27 Millionen Passagiere im Jahr. Um das Hauptterminal des neuen Airports zu entlasten, wäre es offenbar doch möglich, das Abfertigungsgebäude des alten Schönefelder Flughafens in Betrieb zu lassen. Billig-Flieger haben wegen geringerer Mieten und Gebühren ein Interesse. Easyjet hatte sich in der Planungsphase für diese Variante eingesetzt. Eine Landebahn des alten Flughafens wird ohnehin vom BER genutzt. Die Situation ist eine andere als in Tempelhof oder Tegel, die nach dem Planfeststellungsbeschluss für den „Single“-Airport nicht offen bleiben dürften. So bestätigte Infrastrukturstaatssekretär Rainer Bretschneider, der auch für die Planfeststellungsbehörde zuständig ist: „Der Beschluss, Schönefeld zum Single-Airport auszubauen, verhindert nicht die Nutzung von Bauten des alten Schönefelder Flughafens.“ Im Westen des Areals gebe es zwar eine Kollision zum geplanten Regierungsflughafen. Doch im östlichen Teil des alten Flughafens wäre eine Weiternutzung etwa für Billig-Airlines nach dem Planfeststellungsbeschluss „prinzipiell nicht ausgeschlossen, wobei eine Reihe praktischer Probleme zu klären wären“, sagte Bretschneider. Flughafensprecher Ralf Kunkel bezeichnete Überlegungen zu einem Weiterbetrieb als „Unsinn“.

Bildergalerie: Die Hängepartie um die Flughafen geht weiter

Szenario: Tegel offenhalten

Die Sachlage ist ganz einfach: Solange in Schönefeld die neue Start- und Landebahn nicht in Betrieb ist, bleibt Tegel am Netz. Spätestens ein halbes Jahr danach muss dort aber der Flugverkehr eingestellt werden. Dies sieht der vom Bundesverwaltungsgericht 2006 bestätigte Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau von Schönefeld so vor. Auch das Schließen von Tempelhof gehörte zu diesem Paket. Die Flughafengesellschaft will aber kein halbes Jahr abwarten, sondern Tegel in der Nacht vor der Inbetriebnahme von Schönefeld aufgeben. Ein Weiterbetrieb von Tegel wäre nur als reiner Militärflughafen möglich. Daran denkt das Bundesverteidigungsministerium aber nicht. Nur die Hubschrauber sollen zunächst bleiben – derzeitiger Stand: bis 2016.

Was passieren würde, wenn die Flughafengesellschaft pleite geht

Fotos: dapd
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Szenario: Kaputte Technik

Im schlimmsten Fall sind alle Arbeiten abgeschlossen – und die Technik funktioniert nicht. Erst Anfang 2013 wird sich zeigen, ob bei der hoch komplexen Brandschutzanlage alle Einbauten auch zusammen wie erforderlich laufen. Dazu gehören unter anderem 81 Entrauchungsventilatoren, 3400 Brandschutzklappen, 16 000 Brandmelder über 50 000 Sprinklerköpfe und kilometerlange Entrauchungs- und Frischluftzuführungskanäle. Die Bauarbeiten sind nach Angaben der Flughafengesellschaft zu 95 Prozent abgeschlossen. Firmen berichten allerdings, „alles hat sich entschleunigt“. Eigentlich hätten Ende August weitere Testreihen mit der Entrauchungsanlage starten sollen, die sich aber verzögerten. Auch fehle immer noch die Gewissheit, dass die hoch komplexe Anlage überhaupt behördlich genehmigt werden könne. Hinzu komme, dass in einigen Ladenlokalen, die kurz vor der Eröffnung standen, jetzt wieder Bauarbeiten aufgenommen werden müssten, um Probleme mit den Kabeltrassen in den Griff zu bekommen. In einigen Kanälen sind zu viele Kabel eingezogen worden, wodurch das zulässige Gewicht überstiegen worden ist.

Bildergalerie: So soll der Flughafen letztlich aussehen

Szenario: Finanzpleite

Klar ist, dass das 2009 bewilligte Finanzbudget von 3,3 Milliarden Euro für den Flughafen ausgegeben ist. Damals hatte der Aufsichtsrat die Baukosten mit 2,4 Milliarden Euro veranschlagt, was weit verfehlt wurde. Nun reicht das Geld noch bis Jahresende. Und die Flughafengesellschaft (FBB) selbst bekommt auf dem freien Markt keine Kredite, wie Brandenburgs Regierung jüngst eingestand. Unstrittig ist, dass Berlin, Brandenburg und der Bund einen großen Teil der bislang veranschlagten Mehrkosten von 1,2 Milliarden Euro nachschießen müssen, um die gestiegenen Baukosten, die Verschiebung und den vorher versäumten Schallschutz zu finanzieren. Um das genaue Konstrukt, das die EU genehmigen muss, wird noch gestritten. Jeder Monat, den der Flughafen später eröffnet, kostet knapp 15 Millionen Euro. Eine Verschiebung des 17. März zieht weitere Schadenersatzforderungen nach sich. Besonders die CDU-Opposition in Brandenburg warnt, dass der Flughafen zum Fass ohne Boden und betriebswirtschaftlich lange rote Zahlen schreiben wird.

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