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Vertrauter Anblick. Vorerst wird sich daran nichts ändern: Der BER bleibt abgesperrt. Er ist ja eine Baustelle.

© imago/Gerhard Leber

Flughafen Berlin-Brandenburg: BER-Eröffnung? Geschenkt!

Am Sonntag vor sechs Jahren sollte der Flughafen in Betrieb gehen. Davon blieb bekanntlich nichts übrig – bis auf einige Andenken.

Meine Einladung zur Eröffnungsfeier habe ich seit sechs Jahren fast immer dabei, für alle Fälle. Wer weiß denn schon, was da draußen in Schönefeld als Nächstes passiert? Auf der Einladung steht jedenfalls: „Nicht vergessen! Bald eröffnet der Flughafen Berlin Brandenburg“. Bald! Das haben uns alle Flughafenchefs immer versichert: Bald ist es so weit.

Heute vor sechs Jahren sollte es so weit sein, am 3. Juni 2012. Seitdem ist viel Kaffee in die Tasse auf meinem Schreibtisch geflossen, „Da ist mehr für Sie drin“ steht drauf, und: „Willkommen auf dem modernsten Flughafen Europas“. Die Aufschrift gibt einen Eindruck von der damaligen Stimmung, vor der Absage war selbst der Superlativ zu klein für Berlin. „Willy Brandt begrüßt die Welt“ stand auf den Plakaten, die den BER-Namensgeber beim „Shake Hands“ mit Barack Obama zeigten.

Der Kontrast zur Wirklichkeit war schon krass. Die Einladung unterschrieben hatten die Geschäftsführer Rainer Schwarz und Manfred Körtgen, der eine damals nebenbeschäftigt als Dozent, der andere als Doktorand. Während auf der Baustelle Zweifel laut wurden, über die mein Kollege Klaus Kurpjuweit im Tagesspiegel berichtete, kam Schwarz hier zu uns in der Redaktion und tobte herum: Alles Lüge, schimpfte er. Heute wissen wir: Er war es, der log. Dennoch kassierte Schwarz eine hohe Abfindung und setzte seine Karriere an den Weltflughäfen Rostock-Laage und Münster/Osnabrück fort.

Viele der Memorabilien haben eine feine Ironie entwickelt. „Let’s write History“ stand auf Schreibblöcken und Tischkarten. Tatsächlich hat der BER inzwischen Geschichte geschrieben, wenn auch anders als erhofft. „Da sind Sie schnell hin und weg“ ist auch so ein Spruch, der reift wie ein guter Wein.

Es gibt Tickets von damals, bereits ausgestellt auf Flüge vom Flughafen „Willy Brandt“, BER-Schlüsselanhänger, BER-Servietten, BER-Baumwolltaschen – und Freikarten für die Besucherterrasse, allerdings nicht mehr gültig, weil das Datum längst überschritten ist.

All diese kleinen Dinge sind verbunden mit den Nachrichten, die über die Jahre aus Schönefeld kamen. Der angebliche Ingenieur, der die vermaledeite Entrauchungsanlage plante? In Wahrheit ein Technischer Zeichner. Die Dauerbeleuchtung der ungenutzten Anlagen? Nicht abzustellen. Die Rolltreppe vom Bahnhof zum Terminal? Endet am Fuß einer Treppe. Dazu Türen, die sich nicht öffnen lassen, Wände, die falsch eingebaut wurden, Räume, die nicht zu finden sind, weil niemand die Nummerierung kennt.

Es ist zum Lachen und zum Heulen zugleich, selbst renommierteste deutsche Unternehmen wie Siemens und Bosch blamieren sich bis aufs letzte falsch verlegte Kabel. Allein mit einer Zitatesammlung aus den vergangenen sechs Jahren lässt sich locker ein ganzer Kabarettabend gestalten. Der Lieblingsspruch aller Geschäftsführer und Aufsichtsräte bisher: „Wir sind im Zeitplan.“ Na dann.

In unserem „BER count-up“ zählen wir die Tage seit Nichteröffnung, heute sind es 2192, zum 1000. Tag hatten wir „Checkpoint“-Leser zu einer Tour über das Gelände eingeladen. Wir sind im Zeitplan, hieß es da, und: Bald wird eröffnet. „Wir sind im Zeitplan“, sagt auch der heutige BER-Chef Engelbert Lütke Daldrup. Und wenn es wieder nicht klappt? Wird eben ein neuer gemacht, dann stimmt’s wieder. Und wer hat das letzte Wort? Das gehört Hartmut Mehdorn: „Der BER wird fertiger und fertiger“ – also stimmt, was auf der Einladung steht: „Bald eröffnet der Flughafen Berlin Brandenburg.“

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