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Der Flughafenchef Lütke Daldrup möchte Berlin für Langstreckenpassagiere attraktiver machen.

© Arne Immanuel Bänsch/dpa

Flughafen Berlin-Brandenburg: Braucht Berlin doch einen zweiten Flughafen?

Die Passagierzahlen sind steigend, eine langfristige Bedarfsprognose gibt es jedoch nicht. Reicht ein Flughafen in Berlin aus?

Braucht Berlin doch einen zweiten Flughafen? Diese Frage stand im Raum, als der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) am Montagabend über die Chancen der Hauptstadt als internationaler Luftverkehrsstandort diskutierte. Airport-Chef Engelbert Lütke Daldrup räumte ein, dass man über keine langfristige Bedarfsprognose verfügt. Auch gibt es keine Alternativplanung, falls sich die Inbetriebnahme des BER erneut verzögern sollte. „Wir werden den Flughafen im Jahr 2020 eröffnen, deshalb haben wir keinen Plan B“.

„Der Quellmarkt Berlin hat sich gut entwickelt, die Nachfrage ist da, die Auslastung gut“, so Thomas Haagensen, Europa-Chef des Billigfliegers Easyjet. Der hat sich nach Übernahme von Teilen der Air Berlin mit 37 in Tegel und Schönefeld stationierten Flugzeugen zum neuen Platzhirsch entwickelt und bietet inzwischen auch Zubringerdienste zu den neuen Flügen von Scoot nach Singapur. „Wir unterscheiden uns in der Analyse nicht, dass dieser Markt dynamisch wächst“, bestätigte Kay Lindemann, Leiter Konzernpolitik der Lufthansa, die fast alle Berlin-Flüge an ihre Low-Cost-Tochter Eurowings abgegeben hat.

Forderungen nach mehr Langstreckenverbindungen

Die Forderung nach mehr Langstreckenverbindungen sei dennoch „eine Sehnsucht der Berliner“, sagte Lindemann. Er verwies erneut auf das Netzwerkkonzept der Lufthansa. Täglich biete man ab Tegel - teilweise im Halbstundentakt - bis zu 60 Flüge zu den historisch gewachsenen Drehkreuzen in Frankfurt und München, von denen in alle Welt gestartet werde. Doch nicht nur die Berliner wollen lieber direkt fliegen, so Lütke Daldrup. Jeder vierte Passagier, der von anderen Kontinenten nach Deutschland fliegt, will nach Berlin und muss meistens umsteigen. Ziel sei es deshalb, in einigen Jahren auf 25 Langstreckenverbindungen zu kommen. Um den BER auch für Transitreisende attraktiv zu machen denkt der Flughafenchef daran, den Langstreckenpassagieren einen Gepäcktransfer zu den Europaflügen anderer Airlines zu bieten, eventuell verknüpft mit einer Versicherung, die Mehrkosten bei verpassten Anschlüssen abdeckt. Diese Dienstleistungen sollen Passagiere auf der Flughafen-Website buchen können.

Am Montag hat die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) grünes Licht zur Projektentwicklung des Terminals 3 gegeben. Es soll Mitte der 20er Jahre eine Zusatzkapazität von 18 Millionen Jahrespassagieren bringen. Die Kapazität der beiden Start- und Landebahnen erlaubt am BER eine Höchstzahl von 55 bis 58 Millionen Reisenden, die voraussichtlich 2040 erreicht wird. Bis dahin geht der Masterplan der FBB. Wie die Passagierentwicklung danach aussehen werde, könne man heute nicht qualifiziert sagen, so der Flughafenchef.

Veraltete Technik und schlechte Bezahlung der Mitarbeiter

Zur Frage, ob man angesichts der kontinuierlich steigenden Passagierzahlen Tegel nicht doch besser offenhalten sollte, verwies der Flughafenchef auf die „klaren Vorgaben meiner Eigentümer“. Gesellschafter der FBB sind der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg. Es sei offen, ob „in der Generation danach“ die Frage einer weiteren Start- und Landebahn am BER oder eines weiteren Flughafens „nochmal anders diskutiert“ werde. Das wäre dann Sache der Landesplanung, eventuell auch unter Einbeziehung der Nachbarländer Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.

Um die Engpässe bei der Flugzeugabfertigung zu beseitigen, forderte Lütke Daldrup eine bessere Bezahlung der Vorfeldarbeiter durch die Dienstleistungsunternehmen. Kaum noch jemand sei bereit, für einen Niedriglohn unabhängig von Hitze oder Frost pro Schicht rund 1,5 Tonnen an Gepäckstücken zu schleppen. Daraus resultierten der akute Personalmangel und der hohe Krankenstand.

Auch veraltete Technik bei den unter Hoheit der Bundespolizei stehenden Sicherheitskontrollen trägt dazu bei, dass es an den deutschen Flughäfen nicht rund läuft. Hier müssen Passagiere noch immer in einer Reihe anstehen und Laptops sowie andere Geräte separat röntgen lassen. „Der Langsamste bestimmt das Tempo“, klagte Kay Lindemann. Schafft so jede Kontrolllinie in Frankfurt nur 80 Passagiere pro Stunde, sind es dank moderner Geräte in Amsterdam 200 und in London-Gatwick 600. Deshalb wollen die Flughäfen die Kontrollen in Eigenregie übernehmen, doch dazu bedarf es einer Gesetzesänderung.

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