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Wieviele Passagiere bis 2025 am BER fliegen werden wird unterschiedlich eingeschätzt.

© dpa

Flughafen Berlin Brandenburg: Senat arbeitet mit zu geringen Fluggastzahlen

Der Senat geht offenbar von zu geringen Passagierzahlen für den BER aus. Tegel-Fans sehen sich bestätigt.

Der rot-rot-grüne Berliner Senat operiert gegenüber dem Abgeordnetenhaus mit zu geringen Passagierprognosen für den BER. Nach Tagesspiegel-Recherchen berücksichtigt die Antwort, die Berlins Flughafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup auf eine parlamentarische Anfrage der FDP am 16. Dezember zur "Nachfrage im Luftverkehr" gab, nur ungenügend den realen Boom sowie nach oben korrigierte Kalkulationen der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB). Und zwar auch solche, die dem Aufsichtsrat kommuniziert worden sind, dessen Mitglied Lütke Daldrup ist. Vorsitzender ist Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Zudem wird immer deutlicher, dass die Kapazitäten am BER – inklusive der bisher auf den Weg gebrachten Erweiterungen – selbst für die zu gering kalkulierten Passagierzahlen nicht ausreichen werden.

Bis 2025 rechnet die FBB mit 43 Millionen Passagieren

Senat und Flughafen gehen auch nach dem Rekordjahr 2016, in dem knapp 33 Millionen Passagiere in Tegel und Schönefeld abgefertigt werden konnten, von einem anhaltenden Wachstum aus. Zwar nicht ganz so stark wie vergangenes Jahr, als die Flughäfen dank der Berlin-Expansion von Ryanair mehr als zehn Prozent zulegten, sondern eher um die fünf Prozent. So hatte es auch Flughafenchef Karsten Mühlenfeld jüngst im Tagesspiegel-Interview formuliert. Dem Vernehmen nach rechnet die FBB intern für 2018 mit 35 Millionen Passagieren, 2020 mit mindestens 37 Millionen Passagieren, 2025 mit rund 43 Millionen Passagieren. Alle Zahlen sind – im Vergleich zur realen Entwicklung der vergangenen Jahre – immer noch eher konservativ gerechnet.

Um so brisanter sind die Zahlen, die Lütke Daldrup auf die Anfrage der FDP nannte, mit der bei Antworten zum Flughafen üblichen Standardeinschränkung: "Die Antworten beruhen auf Angaben der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH." Für 2018 – dem Jahr der voraussichtlichen BER-Eröffnung – erwartet der Senat danach 34,6 Millionen Passagiere, erst für 2023 dann 40,3 Millionen und für 2030 dann 46,8 Millionen Passagiere. Der Flughafen wiederum kalkuliert mehr, nämlich 2020 fast 38 Millionen Passagiere, 2025 etwa 43 Millionen, 2035 dann mehr als 50 Millionen.

Beide Prognosen sind wohl zu gering angesetzt

Allerdings spricht die reale Entwicklung der vergangenen Jahre dafür, dass beide Prognosen zu gering angesetzt sind. Die Folgen sind gravierend: Das bisher angeschobene provisorische Erweiterungsprogramm – finanziert über die jüngste 2,2-Milliarden-Spritze für den BER – umfasst lediglich einen Ausbau des Schönefelder Flughafenstandorts bis 2023 für eine Kapazität von dann 39 Millionen Passagieren. Unter anderem soll dafür ein neues Terminal für Billig-Airlines errichtet werden. Aber selbst der Senat erwartet 2023 bereits 40,3 Millionen Passagiere. Und weitergehende Erweiterungsplanungen gibt es bislang nicht. Flughafenchef Mühlenfeld will bis Ende 2017 einen Masterplan vorlegen.

Die Berliner FDP vermutet eine absichtliche Fehlkalkulation

Die Berliner FDP vermutet, dass die Passagierzahlen wegen der aktuellen Tegel-Debatte niedrig angesetzt werden. Fraktionschef Sebastian Czaja sieht sich durch die absehbar immer größere Abfertigungslücke in der Forderung des Volksbegehrens bestätigt, den Flughafen Tegel länger offenzulassen, was auch der neue Senat strikt ablehnt. Vorübergehend sei es nötig, Tegel offenzulassen, sagt auch der als BER-Kritiker bekannte Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa. Er prophezeit angesichts der absehbaren Abfertigungsengpässe nach der BER-Eröffnung: "Da wird für bald acht Milliarden Euro ein neuer Flughafen gebaut. Und der Service wird schlechter sein als vorher in Tegel und Schönefeld."

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