zum Hauptinhalt
Hoppelpiste. Noch können sich die Tiere am BER austoben, im Spätsommer soll der Flughafen aber fertig sein – und anschließend ein Jahr getestet werden. 

© dpa/Ralf Hirschberger

Flughafen Berlin-Schönefeld: Bundesrechnungshof sieht BER-Eröffnung 2017 in Gefahr

Die oberste Finanzkontrollbehörde Deutschlands warnt in einem internen Bericht vor einer Verschiebung der Eröffnung auf 2018. Das geht aus einem aktuellen Prüfbericht hervor.

Da ist neuer Ärger im Anflug: Der Bundesrechnungshof (BRH) sieht die für 2017 geplante Eröffnung des Flughafens BER in Gefahr, gibt aber dem Management des Milliardenprojektes gute Noten. Beides geht aus einem aktuellen Prüfbericht der obersten Finanzkontrollbehörde Deutschlands mit Sitz in Bonn hervor. In dem neunseitigen Schreiben vom 4. Januar 2016 an die Flughafen-Stabstelle bei Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), das dem Tagesspiegel vorliegt, wird ausdrücklich gewarnt

„Eine Verschiebung der BER-Inbetriebnahme in das 1. Halbjahr 2018 hätte weitreichende, insbesondere finanzielle Folgen.“ Die Behörde empfiehlt bereits „im Fall einer Verschiebung der BER-Inbetriebnahme“, was zu tun ist – nämlich den „zusätzlichen Kapitalbedarf in Höhe, Zusammensetzung und hinsichtlich weiterer Risiken beziffern zu lassen“ und „über die Finanzierung des zusätzlichen Kapitalbedarfs mit der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern zu entscheiden und ggf. Vorsorge im Bundeshaushalt zu treffen“.

Der BRH hat in der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) vor Ort zwei neuralgische Felder geprüft. Die Prüfer untersuchten die „Abrechnungsprozesse der FBB“. Der Grund liegt auf der Hand. Die Kosten des von der öffentlichen Hand errichteten Airports, einst mit 2,5 Milliarden Euro kalkuliert, sind auf 6,6 Milliarden Euro gestiegen. Zum anderen ging es darum, ob die „Messung des Leistungsstandes im BER-Projekt“ seriös und valide ist.

Im Dobrindt-Ministerium ist man dem Vernehmen nach zufrieden mit dem positiven BRH-Gesamtfazit. Zitat: „Im Ergebnis hat der Bundesrechnungshof zu den genannten Themen keine offensichtlichen systematischen oder strukturellen Mängel oder Schwachstellen festgestellt.“ Im Gegensatz dazu hatte der Landesrechnungshof Brandenburgs, der in einer zweijährigen Tiefenprüfung die Steuerung des Milliardenprojekts durch die BER-Eigentümer Berlin, Brandenburg und Bund und die Kontrolle durch den Aufsichtsrat vor und nach der geplatzten Eröffnung des Flughafens 2012 untersucht hatte, in seinem 401-Seiten-Abschlussbericht schwere Versäumnisse und Defizite gerügt.

Weitere Risiken bestehen

Die Bundesprüfer waren zwei Tage im Oktober 2015 in den FBB-Büros, also zu einem Zeitpunkt, als bereits für einen Start 2017 „die Verzögerung auf dem kritischen Pfad beim BER-Projekt … ca. drei bis vier Monate“ betrug: „Weitere Verzögerungsrisiken bestehen.“

Und die sind danach eingetreten. In dem Schreiben weist der Bundesrechnungshof bereits „darauf hin, dass Grundlage für die derzeit geplante BER-Inbetriebnahme im zweiten Halbjahr 2017 der Abschluss der Abnahme- und Inbetriebnahmeprozesse bis Juni 2017 ist – ausgehend von einer baulichen Fertigstellung im März 2016.“

Genau die haben Mühlenfeld und der Aufsichtsrat letzten Dezember zunächst auf den Juli 2016 verschoben, was inzwischen aber auch schon wieder Makulatur ist. Denn die FBB hat den Bauantrag für den nötigen Umbau der Entrauchungsanlage (5.Nachtrag) erst Ende Februar beim Bauordnungsamt Dahme-Spreewald eingereicht.

Das sollte laut Bundesrechnungshof ursprünglich „am 30.Juli 2015 abgeschlossen“ sein, also sieben Monate früher. In einer Kettenreaktion verschieben sich in der Folge nun das Einreichen eines weiteren Antrags (6.Nachtrag) – und beide Genehmigungen durch das Bauordnungsamt Dahme-Spreewald. Die erste wird nun für Ende April, die zweite für Juni 2016 erwartet. Diese Genehmigungen aber haben, „gravierende Auswirkungen auf den Abschluss der Bauarbeiten am BER“, warnt der BRH: „Erst nach Vorliegen aller Genehmigungen (...) hat die FBB Gewissheit über den Umfang der noch zu erbringenden Bauleistungen (sog. „Baurestsoll“).“

Es wäre die fünfte Verschiebung

Dennoch zeigen sich Flughafenchef Karsten Mühlenfeld und Technikchef Jörg Marks, die den Rückstand merkwürdigerweise immer noch auf drei Monate beziffern, für eine BER-Eröffnung bis Ende 2017 weiter zuversichtlich. Man sei ursprünglich vom Juli ausgegangen, sei jetzt im Oktober 2017, hatte Marks vor wenigen Tagen gesagt.

Die Folgen einer erneuten Verschiebung des Eröffnungstermins auf 2018 – es wäre die fünfte seit 2010 – wären laut Bundesrechungshof gravierend. „Dies würde sich auf den Kapitalbedarf auswirken.“ In der Folge würde sich die „Kapitalmarktfähigkeit der Gesellschaft ... auf der Zeitachse nach hinten verschieben.“ Noch kalkulieren alle, dass die tiefrote Zahlen schreibende Flughafengesellschaft 2020 finanziell gut dasteht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false