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Start von der Südbahn am Flughafen Schönefeld. Hier waren Beleuchtungsanlagen durch den Kurzschluss im noch nicht zugelassenen BER-Terminal ausgefallen.

© dpa

Flughafen Berlin-Schönefeld: Stromausfall am BER - jetzt prüft die Luftfahrtbehörde

Die Strompanne auf der BER-Südbahn schreckt Behörden und Politiker auf. Warnende Experten werden als inkompetent dargestellt. Der Tagesspiegel dokumentiert ihr Protokoll.

Der Strom-Skandal am BER-Flughafen schreckt Behörden, Politik und Aufsichtsrat auf: Die Obere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg nimmt die Ausfälle von Elektroanlagen an der vom alten Schönefelder Flughafen aktuell genutzten BER-Südbahn unter die Lupe, die von einem Kurzschluss aufgrund eines Unfalls bei Kabelarbeiten im nicht abgenommenen BER-Terminal am 29. Juni ausgelöst worden waren. Die betroffenen Anlagen – die Beleuchtung des Vorfeldes der Südbahn, die Hindernisbefeuerung mit den roten Lampen auf höheren Bauwerken in der Nähe und die MLAT-Sensorik zur Meldung von Flugzeugpositionen – werden bis heute aus der Baustelle gespeist.

Die Luftfahrtbehörde untersucht den Vorfall

„Der Vorfall wurde der Oberen Luftfahrtbehörde gemeldet. Er wird untersucht. Abschließende Ergebnisse liegen noch nicht vor“, sagte Steffen Streu, der Sprecher des brandenburgischen Infrastukturministeriums, dem die Luftfahrtbehörde untersteht, dem Tagesspiegel. Eine Gefährdung des Flugbetriebes, das betonen Ministerium, Deutsche Flugsicherung (DFS) und Flughafen, habe aber zu keinem Zeitpunkt bestanden. Die Stromausfälle geschahen allerdings am helllichten Tag, sodass die Beleuchtungen nicht benötigt wurden.

Der Flughafen hatte bis zuletzt behauptet, dass die Stromversorgung der Südbahn „vollständig“ getrennt vom Terminal erfolgt. Am Donnerstag nun gestand das Unternehmen erstmals selbst öffentlich ein und korrigierte damit eigene frühere Dementis, dass der Baustellen-Kurzschluss im Terminal zu einem Stromausfall auf dem Vorfeld der Südbahn und der Hindernisbefeuerung führte. Ein sicherer Flugbetrieb sei aber „ohne diese Systeme jederzeit gewährleistet“, hieß es dazu in einer Erklärung. Keinerlei Aussage findet sich, woher jetzt der Strom für Vorfeld und Hindernisbefeuerung kommt. Betont wird jedoch, dass alles rechtens sei, es „zu keinem Zeitpunkt“ eine illegale Praxis gegeben habe, „sämtliche Maßnahmen erfolgen in Abstimmung mit den zuständigen Behörden“.

Imtech bestätigt eine Stromabführung vom Terminal

Mit dem Bauordnungsamt des Landkreises Dahme-Spreewald wurde eine Stromversorgung der Vorfeldbeleuchtung und der Hindernisbefeuerung über die Terminalbaustelle nicht abgestimmt, sagte Leiterin Kristin Globig dem Tagesspiegel. Allerdings sei es nicht Aufgabe der Bauaufsicht zu kontrollieren, was ein Bauherr mit seinem Baustrom mache. Man werde dem aber nachgehen. Von der Oberen Luftfahrtbehörde gibt es noch keine Auskunft, ob mit ihr die Einspeisung der betroffenen Anlagen an der Südbahn aus Baustellenstrom abgestimmt wurde.

Für die Elektroarbeiten im Terminal zuständig ist die insolvente Firma Imtech, die für die vom Tagesspiegel publik gemachte Praxis jede Mitverantwortung zurückweist. „Die Start- und Landebahn inklusive Vorfeld sind nicht Bestandteil unseres Auftrages“, sagte Sprecher Harald Prokosch auf Anfrage. Er bestätigte, dass aus dem Terminal tatsächlich eine Stromabführung erfolgte. „Es hat einen Zuschaltauftrag des Bauherren gegeben, den wir ausgeführt haben, im Nichtwissen, was angeschlossen wird.“ Bisher habe es keinen Hinweis des Bauherren gegeben, „dass die Stromverbindung gekappt werden soll“.

Intern wollten Baufachleute den Schaden begrenzen

Der Flughafen ging am Donnerstag auf Distanz zu den eigenen Bauüberwachern, die nach einem internen Krisen-Protokoll vom 9. Juli 2015 Druck gemacht hatten, um den Schaden zu begrenzen. Wie berichtet wird im Protokoll betont, dass die vom Baustromausfall betroffenen Anlagen „betriebsnotwendig“ für die Start- und Landebahn Süd sind.

Dem Tagesspiegel liegt das Protokoll im Original vor, einen Link zum Protokoll finden Sie am Ende dieses Berichtes.

Die Flughafengesellschaft erklärte nun zum Inhalt des Protokolls: „Interne Dokumentationen der Flughafengesellschaft, die Gegenteiliges suggerieren, wurden von einem nicht für den Flugbetrieb zuständigen Baustellenmitarbeiter in Unkenntnis der Sachzusammenhänge erstellt.“

Die Opposition drängt auf Aufklärung. „Die Flughafengesellschaft hat offensichtlich keinen Überblick über den wirklichen Zustand an der Baustelle“, sagte Martin Delius (Piraten), Chef des BER-Untersuchungsausschusses. „Die Objektüberwachung scheint immer noch keine vernünftige Dokumentation über den Zustand der Baustelle zu haben.“ Die Praxis müsse abgestellt, alles aufgeklärt werden, sagte Grünen-Obmann Andreas Otto. Der Regierende Bürgermeister und BER-Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD) kündigte im Abgeordnetenhaus an, dass man den Vorgang in den Gremien – am 25. September tagt der Aufsichtsrat – auswerten werde.

Hier finden sie das Krisenprotokoll der Flughafen-Techniker und Bau-Überwacher vom 9.Juli 2015. Der Flughafen attestiert ihnen jetzt öffentlich Unkenntnis, ihr Protokoll spricht eine andere Sprache.

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