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Woidke: "Wir werden den Flughafen eröffnen, wenn er fertig ist. Das klingt simpel ist es aber nicht."

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Flughafen Berlin-Schönefeld: Woidke gegen politischen Druck bei BER-Eröffnung

Brandenburgs Ministerpräsident erklärt, wieso er trotz allem noch auf eine BER-Eröffnung 2017 setzt. Und in Berlin wächst der Druck auf den Regierenden Bürgermeister.

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Einen Satz verlas Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) in seiner Regierungserklärung lieber erst gar nicht. „Wir werden den Flughafen eröffnen, wenn er fertig ist. Das klingt simpel ist es aber nicht“, hatte es im Redemanuskript geheißen, ohne ein Wort zum Eröffnungstermin.

Als Woidke am Mittwoch im Landtag ans Rednerpult trat, um seine zweite Regierungserklärung nach der Landtagswahl zu halten, zur Flüchtlingskrise, zum 25-jährigen Jubiliäum des Landes und den Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte, äußerte er sich aber doch zuversichtlicher. Er setzt weiter darauf, dass der BER – trotz der mit jedem Tag größeren Rückstände nach dem Baustopp und den immer noch unkalkulierbaren Folgen der Imtech-Pleite – bis Ende 2017 ans Netz gehen kann.

„Ich gehe weiter fest davon aus, dass der von der Geschäftsführung benannte Termin eingehalten werden kann.“ Aber, vorher war da noch ein Satz, der einiges offen lässt, der eine weitere Verschiebung nicht ausschließt. „Es ist falsch, politischen Druck für Eröffnungstermine zu machen.“ Seit Montag ruhen im Terminal alle Arbeiten, nachdem das Bauordnungsamt Dahme–Spreewald einen unbefristeten Baustopp aussprach, weil an der Decke hängende Entrauchungsventilatoren schwerer sind als genehmigt.

Eine Lösung wird länger dauern

Zwar ist Flughafenchef Karsten Mühlenfeld dem Vernehmen nach optimistisch, vielleicht schon am Donnerstag vom Amt geforderte neue Statiknachweise für zehn kleinere Ventilatoren an der Terminaldecke abgeben zu können, bei denen die Lastüberschreitung gering genug ist: Zweitausend Kilogramm dürften sie wiegen, jeder ist 2331 Kilogramm schwer.

Das war der Grund, weshalb die Bauaufsicht das gesamte Terminal sperren ließ. Wenn ein öffentlich bestellter Statiker für diese kleineren Ventilatoren das OK gibt, könnte die Behörde dem Vernehmen nach das Terminal kurzfristig zumindest in Teilen wieder freigeben.

Bei den mit 4000 Kilogramm doppelt überladenen, für 2000 Kilogramm zugelassenen drei Technikbühnen am Terminaldach, auf denen fünf größere Entrauchungsventilatoren stehen, wird eine Lösung länger dauern. Die Staatsanwaltschaft Cottbus prüft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen „Baugefährdung“.

Wie konnte es dazu kommen?

Die Verantwortung lag beim damaligen Generalplaner, der Planungsgemeinschaft pg bbi, aber auch der Bauleitung der Flughafengesellschaft. Nach Tagesspiegel-Recherchen soll der Einbau schon 2008/2009 erfolgt sein. Doch die Abnahme und Freigabe durch einen Prüfingenieur erfolgte erst nach der geplatzten Eröffnung von BER im Frühjahr 2012.

„Im Oktober 2012“, bestätigte Landrat Stephan Loge (SPD). Danach habe der Prüfingenieur attestiert, dass die Rohbauarbeiten im Rahmen der Bauüberwachungen stichprobenartig geprüft worden seien und es „in statisch konstruktiver Hinsicht keine erkennbaren Beanstandungen“ gegeben habe.

Im Mai 2012 hatte der Sachverständige die Freigabe noch abgelehnt. Aber nicht wegen der Ventilatoren, sondern weil Brandschutzbeschichtungen an der Stahlkonstruktion nicht vorschriftsgemäß erfolgt waren. Damals war schon Horst Amann Baugeschäftsführer, der vom Flughafen Frankfurt/Main als Retter geholt wurde.

Müller wird alle informieren

Der Regierende Bürgermeister und BER-Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD) wird dem Berliner Abgeordnetenhaus am Donnerstag nicht Rede und Antwort stehen können, weil er ganztägig am Bund-Ländertreffen zur Flüchtlingspolitik und Reform des Finanzausgleichs teilnimmt.

Aber voraussichtlich wird Flughafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup in der Fragestunde des Parlaments Stellung nehmen. Darüber hinaus fordern die Grünen, dass Müller alle Fraktionen nach der BER-Aufsichtsratssitzung am Freitag schnell und umfassend über die bisherigen Erkenntnisse informiert. „Entweder schriftlich, oder er lädt die Fraktionen zu einem Treffen ein“, sagte der Grünen-Abgeordnete Andres Otto.

Senatssprecherin Daniela Augenstein kündigte an, dass Müller „die Öffentlichkeit, wie gewohnt, nach der Aufsichtsratssitzung in einer Pressekonferenz informieren wird“. Im Gespräch ist auch eine Sondersitzung des Bauausschusses des Abgeordnetenhauses. Auch der für Finanzen zuständige Hauptausschuss wird sich mit dem Desaster befassen.

Schwer zu glauben, dass niemand etwas wusste

Unklar ist noch, ob und wie der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Flughafen BER in die Aufklärung des neuen Bau- und Planungsskandals eingreifen wird. Die Vize-Vorsitzende des Ausschusses, Renate Harant (SPD) gibt zu bedenken, „dass wir schon im Zeitverzug sind“. Bis zu den Berliner Wahlen im September 2016 muss der Untersuchungsausschuss einen Abschlussbericht vorlegen. Die Zeit wird knapp, da sind sich alle einig.

Angesichts dessen wollen auch die Christdemokraten den Untersuchungsausschuss nicht überstrapazieren. „Die Sache ist schlimm, aber wir müssen überlegen, wie der Sachverhalt am effektivsten aufzuklären ist“, sagte der CDU-Verkehrsexperte Oliver Friederici. Grüne, Linke und Piraten wollen aber nicht locker lassen.

Ihren Fachleuten fällt es ohnehin schwer zu glauben, dass von den Statikproblemen am Flughafendach intern niemand etwas wusste. „Das kann eigentlich nicht sein“, so die Linken-Verkehrspolitikerin Jutta Matuschek.

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