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Bitte recht leise! Nach 23 Uhr dürfen Flugzeuge eigentlich nicht mehr in Tegel landen – und nach Mitternacht droht auch mal ein Umweg über Schönefeld.

© Wolfgang Kumm/dpa

Flughafen Berlin-Tegel: Nachtlandung verhindert - und mehr Krach provoziert

Ein Flugzeug wurde nach Mitternacht von Berlin-Tegel nach Schönefeld umgeleitet – mit hörbaren Folgen für die Anwohner.

Paradox: Weil Anwohner vor Fluglärm geschützt werden sollen, wurde es in der Nacht zu Montag besonders laut am Himmel über Tegel. Eine aus Dubrovnik kommende Maschine von Germanwings, die bereits zur Landung angesetzt hatte, startete mit einem Höllenlärm durch, weil der Pilot für die letzten Minuten des Flugs keine Landeerlaubnis erhalten hatte. Da das Flugzeug erst nach Mitternacht aufgesetzt hätte, wäre eine Ausnahmegenehmigung erforderlich gewesen, die es aber nicht gab.

Insgesamt mussten Sonntagnacht nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung drei Maschinen von Tegel nach Schönefeld umgeleitet werden, weil die zugelassene Landezeit überschritten war – um vier, neun und dreizehn Minuten. Nach Angaben der Flughafengesellschaft waren es sogar vier Flüge – alle von Germanwings/Eurowings.

Generell gilt für Tegel ein Nachtflugverbot von 23 Uhr bis 6 Uhr. Bis 23.59 Uhr gibt es aber eine pauschale Ausnahmemöglichkeit, die der Verkehrsleiter des Flughafens gewähren kann. Nach Mitternacht muss für jeden Flug einzeln eine Erlaubnis der Senatsverkehrsverwaltung eingeholt werden, wo es eine Bereitschaft gibt.

Beim Flug aus Dubrovnik war es zeitlich eng geworden. Die Maschine sollte um 22.30 Uhr in Tegel ankommen. Wegen des Gewitters war sie aber statt um 20.20 Uhr zwei Stunden später als geplant losgeflogen. Damit war klar, dass die kritische Landezeit erreicht werden würde.

Warum der Pilot trotzdem nach Tegel geflogen war und sogar zur Landung angesetzt hatte, war am Montag nicht zu klären. Bis Redaktionsschluss gab es dazu keine Stellungnahme von Germanwings.

Dass ein Pilot durchstartet, weil es für die Landung nicht die vom ihm wohl erwartete Ausnahmegenehmigung gibt, sollte vermieden werden, sagte die Sprecherin der Senatsverkehrsverwaltung, Petra Rohland. Aber auch bei den wenigen Verspätungsminuten über Mitternacht hinaus sei es rechtlich richtig gewesen, den Flug umzuleiten, sagte Rohland. Zum künftigen Verhalten solle es aber nochmals Gespräche geben.

Rolf-Roland Bley, Mitglied der Fluglärmkommission für Tegel, ist strikt dagegen, Linienflüge auch noch nach Mitternacht landen zu lassen. Das Aufweichen der Nachtruhe in der Stunde davor durch Flüge, die sich fast regelmäßig verspäteten, sei für die Anwohner schon schwer genug zu ertragen. Als Beispiel nennt Bley Flüge von Air Berlin aus Reykjavik und Tel Aviv, die planmäßig um 22.35 Uhr ankommen sollen, häufig aber erheblich später landen würden – mit der dann geltenden pauschalen Ausnahmegenehmigung nach 23 Uhr.

Nach den aktuellsten veröffentlichten Zahlen war es im Juni besonders laut. Damals gab es 126 Starts und Landungen zwischen 23 Uhr und 23.59 Uhr. Im Mai waren es 93. Vergleichsweise ruhig war dagegen der Februar mit „nur“ sieben Flügen in dieser Zeit. Die besonders hohe Zahl im Juni war auf den Anschlag auf dem Flughafen Brüssel zurückzuführen, der zu zahlreichen Umleitungen im Flugverkehr geführt hatte. Auch nach Tegel.

Die in der Nacht zu Montag nach Schönefeld umgeleiteten Passagiere hatten zum Teil auch dort weiter Pech. Nach ihren Angaben mussten sie bis zu zwei Stunden auf die Ausgabe des Gepäcks warten, weil man dort offenbar nicht auf die Zusatzpassagiere eingestellt war.

Und wer gegen 3 Uhr schließlich erschöpft – und mit Gepäck – zu Fuß den Bahnhof Schönefeld erreicht hatte, musste feststellen, dass es dort die nächtliche Betriebspause gab: Keine S-Bahn und keine Regionalbahn. Also zurück zu den am Terminal wartenden Taxis und ab für viel Geld nach Berlin. Der Pilot soll zwar nach Angaben von Passagieren angekündigt haben, man werde sich um einen Bustransfer nach Tegel bemühen, zustande gekommen ist er aber nicht.

Bei einer mehr als dreistündigen Flugverspätung haben Passagiere einen Anspruch auf eine Entschädigung – wenn keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen. Demnach stehen Passagieren unter bestimmten Voraussetzungen 250 Euro bis 600 Euro zu. Ist die Fluggesellschaft jedoch nicht selbst für die Verspätung verantwortlich, gibt’s auch kein Geld.

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