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Ja, ja, Tegel ist toll. Was soll der Quatsch? Sein einziger Vorteil: er liegt zentral.

© AFP

Flughafen-Nostalgik: Schluss mit der Tegel-Spinnerei!

Der Flughafen liegt zentral – das ist sein einziges Plus. Er ist zu klein, zu laut und im dicht besiedelten Norden zu gefährlich. Nostalgiker, die ihn dauerhaft offen halten wollen, ignorieren geltendes Recht, in das die Anwohner ihr Vertrauen setzen.

Ja, ich lebe in Reinickendorf, sechs Kilometer nördlich des Flughafens Tegel. Ja, ich liebe Tegel, weil es so nah ist, und wegen der kurzen Wege auf dem Flughafen. Mit Ausnahme von Friedrichshafen und Berlin-Tegel kenne ich keinen Flughafen, an dem ich mit dem Auto bis zum Gate fahren kann. Ich bin auch völlig unsensibel, Fluglärm stört mich nicht, im Gegenteil, ich bin neugierig und schaue im Internet unter dfs.de sogar nach den Flugverläufen, um zu sehen, welche Kiste da gerade rumkurvt.

Ich hab’s leicht, Tegel toll zu finden, ich lebe ja nicht in der Einflugschneise wie die armen Schweine in Pankow oder rund um die Residenzstraße, die im Landeanflug in nur 500 Metern Höhe überquert wird. So nah bekomme ich die Flieger nie zu sehen. Nur wenn im Osten eine Gewitterfront liegt, überfliegen die startenden und landenden Maschinen mein Wohngebiet auch schon mal in 1000 Meter Höhe, bevor oder nachdem sie in die Kurve zur Start- und Landebahn einschwenken. Genervt hat mich das noch nie. Trotzdem habe ich von der ganzen Tegel-Nostalgie die Nase voll. Macht ihn zu, diesen Flughafen, exakt sechs Monate nach der Eröffnung von BER, so, wie es das geltende Recht vorsieht.

Liebe Leserin, lieber Leser – Sie meinen, alles was ich in den ersten 24 Zeilen geschrieben habe, sei offensichtlich reine Heuchelei gewesen, Wolkenschieberei, um zu vertuschen, dass ich in Wirklichkeit endlich meine Ruhe haben wolle? Sozusagen ein stilistischer Trick, um die wahre Absicht zu verbergen? Ich versichere Ihnen: nein. Ich hänge an Tegel, aber noch mehr hänge ich an der Gewissheit, in einem Staat zu leben, in dem geltendes Recht nicht alle paar Jahre so hin- und hergebogen werden kann, wie es der jeweils am lautesten schreienden Gruppe passt.

Spätestens seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom März 2006 ist klar, dass der neue Berliner Flughafen im Süden kommt und dass ein halbes Jahr nach seiner Eröffnung Tegel geschlossen werden muss. Wichtigstes Argument dafür war nicht die kaufmännische Überlegung, dass man einen Flughafen allein kostengünstiger als zwei betreiben kann. Nein, es ging um Lärmschutz und Sicherheit. Tegel liegt mitten in der Stadt. Wir können dem Himmel dankbar sein, dass in all den Jahrzehnten nie etwas passiert ist. Ein Unglück hier würde nicht nur die Passagiere, sondern auch tausende Anwohner in Lebensgefahr bringen. Ein Verkehrsflughafen mitten in einer Millionenstadt, das geht einfach nicht mehr. Und dass mehr als 100 000 Menschen vom Fluglärm entlastet werden, hat für das Gericht bei seiner Entscheidung auch eine wichtige Rolle gespielt. Wer Tegel per Volksbegehren offen halten will, darf diese Fakten nicht negieren. Seit dem Urteil sind sieben Jahre vergangen. In dieser Zeit haben sich die Menschen westlich und östlich des Flughafens Tegel darauf eingerichtet, dass der Flugverkehr in absehbarer Zeit eingestellt wird. Im Vertrauen darauf wurden Grundstücke, Häuser oder Wohnungen gekauft, Mietverhältnisse eingegangen. Dass die Flughafenanlieger im Südwesten arglistig über künftige Flugrouten getäuscht wurden, kann doch kein Grund sein, nun auch im Norden Recht zu brechen.

Ja, das Aus für die Verkehrsflieger, das verstünde man schon, höre ich. Aber die Geschäftsleute sollten doch weiter mit ihren Maschinen in Tegel landen dürfen, weil diese Menschen wichtig für den wirtschaftlichen Aufschwung seien. Geht’s noch? Glaubt wirklich jemand, ein Unternehmer würde in Berlin eine rentable Fabrik nur deshalb nicht bauen, weil er statt in Tegel in Schönefeld landen muss? Den Bären sollten wir uns nun wirklich nicht aufbinden lassen. Nur ein stillgelegter Flughafen wird zu einem exzellenten Entwicklungsgebiet für Unternehmen mit neuen Technologien. Dass Berlin so zentral und nicht nur jott-we-de große Flächen anbieten kann, ist ein einmaliger Trumpf.

Seien wir mal ehrlich: Es ist vor allem die Angst vor Veränderung, die die Tegel-Nostalgiker treibt. Da weiß man, dass der Krach da bleibt, wo er schon immer hingehörte. Leute, Leute, wenn eines Tages der BER funktioniert, werden wir unseren Gästen stolz den tollen neuen Flughafen zeigen, als hätten wir ihn alle selbst gebaut. Wetten, dass?

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