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Ein Passagierflugzeug fliegt direkt über den Hausdächern. Rund um den BER hat noch kein Haus Schutzfenster nach Vorschrift.

© dpa

Fluglärm in Berlin: Beim Schallschutz am BER wird die Zeit knapp

Die BER-Anwohner sollen bald ihre Schallschutz-Bescheide erhalten. Die Zeit drängt. Bis September müssen die Bewilligungen bei den Anrainern angekommen sein. Sonst darf die Südbahn des BER ab März 2015 nicht in Betrieb gehen.

Beim Schallschutz für die BER-Anwohner wird die Zeit knapp. Und zwar für die ab Frühjahr 2015 geplante Sanierung der nördlichen Start- und Landebahn, die rechtzeitig vor der Inbetriebnahme des Flughafens erfolgen soll. Diese peilt Flughafenchef Hartmut Mehdorn für das Jahr 2016 an. Doch auch beim Schallschutz klemmt es. Die Rückstände sind immer noch groß. Das geht aus dem aktuellen Monatsbericht der Flughafengesellschaft (FBB) hervor, der am Freitag an die Behörden Brandenburgs geschickt wurde.

Danach ist bislang kein einziges Gebäude um den neuen Flughafen adäquat mit Schallschutzfenstern geschützt, hat kein Anrainer für die neuen, nach den Dämmvorschriften vorgesehenen Fenster das nötige Geld erhalten.

Die Zeit drängt vor allem bei den 4396 Wohnungen im Umfeld der neuen BER-Südbahn. Auf dieser Piste soll der Flugverkehr des alten Schönefelder Flughafens abgewickelt werden, während im Frühjahr und Sommer 2015 die aus DDR-Zeiten stammende Nordbahn saniert wird. Doch eine Freigabe für die BER-Südbahn gibt es von der Luftfahrtbehörde nur, wenn der Schallschutz gewährleistet ist. Die Anrainer müssen, so die Auflage, sechs Monate vorher vom Flughafen die nötigen Schallschutz-Bewilligungen erhalten haben. Das muss bis September geschehen. Sonst darf die Südbahn ab März 2015 nicht in Betrieb gehen.

Doch laut Schallschutz-Bericht hat der Flughafen bis 1.August erst für 408 von 4396 Wohnungen um die BER-Südbahn die erforderlichen Bewilligungen verschickt. Seit dem Vormonat sind damit lediglich zweihundert Bescheide dazugekommen. Diese Finanzierungszusagen sind die Grundlage, damit die Hauseigentümer Firmen mit dem Einbau der Schallschutzfenster und Lüfter beauftragen können. Doch nun soll alles ganz schnell gehen und der Versand „verstärkt“ vorgenommen werden, heißt es. Möglich sei dies, weil für 3945 Wohnungen, und damit für über 90 Prozent der Objekte im Umfeld der Südbahn, die für die Bewilligungen nötigen aufwendigen „Bestandsermittlungen“ abgeschlossen sind.

Insgesamt müssen 25.000 Wohnungen vor der Eröffnung mit Schallschutz ausgestattet werden

Ingenieurbüros hatten in den letzten Monaten jede Wohnung unter die Lupe genommen, um zu berechnen, welcher Umfang den Anrainern für ihre Wohnung zusteht. Und dabei geht es nicht nur um Schallschutzfenster. Geprüft wurde auch, ob der Einbau von Lüftern erforderlich ist, damit die Wohnungen nicht feucht werden. Dies ist laut Bericht bei jeder zweiten Wohnung um die Südbahn der Fall. Diese neue Behörden-Auflage, so hatte Mehdorn es Ende Juni im Aufsichtsrat berichtet, sei ein Grund für Verzögerungen beim Schallschutz. Der Flughafen hält am bisherigen Fahrplan für die Nordbahn-Sanierung fest. Sprecher Ralf Kunkel sagte, dass weitere 500 Bescheide fertig seien, derzeit verschickt werden. Im September 2014 solle der Versand aller 4300 Bescheide abgeschlossen sein, „wie geplant“, versicherte Kunkel. Insgesamt müssen 25.000 Wohnungen – betroffen sind 40.000 Anwohner – um den neuen Flughafen für Berlin und Brandenburg vor der Eröffnung mit Schallschutz ausgestattet werden.

Von den 19.000 Anträgen sind laut Kunkel etwa 7300, also knapp 40 Prozent, abgearbeitet. Und das alles geschieht zum zweiten Mal. Denn beim ursprünglichen, von 2008 bis 2013 praktizierten Schallschutzprogramm der staatlichen Flughafengesellschaft, die den Ländern Berlin, Brandenburg und dem Bund gehört, waren die BER-Anwohner mit Billigschallschutz betrogen worden. Bewilligt wurden damals Schallschutzfenster mit einem sechsfach niedrigeren Standard, als es die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses vorschreiben. Erst das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hatte 2013 den „systematischen“ Rechtsbruch gestoppt.

Eine Folge ist, dass insbesondere die Landesregierung unter Druck steht. Und deshalb Druck macht. So will sich am heutigen Montag Finanzminister Christian Görke (Linke), selbst Aufsichtsrat und zugleich Vorsitzender und Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl am 14. September, direkt in der Flughafengesellschaft über den Stand beim Schallschutz informieren, begleitet von einem Journalisten-Tross. Im Flughafen ist von einem „Wahlkampftermin“ die Rede, an der Grenze des für Aufsichtsräte geltenden Kodexes. Hartmut Mehdorn wird nicht dabei sein.

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